Abfallaufkommen: Häusliche Siedlungsabfälle in Westfalen

01.01.2014 Peter Wittkampf

Kategorie: Wirtschaft

Schlagworte: Westfalen · Didaktische Hinweise · Entsorgung · Abfall

Inhalt

"Münsteraner machen weniger Müll" (www.muensterschezeitung.de); "Kreis Höxter produziert am we­nigs­ten Müll" (www.radiohochstift.de); "Der Kreis Coesfeld verteidigt seine Spitzenposition: Landesmeis­ter im Mülltrennen" (www.azonline.de) – so lauteten im Januar 2014 einige Titelzeilen in den Medien.

Das Thema "Müll" interessiert offenbar nicht nur die breite Öffentlichkeit, sondern weckt auch den Ehrgeiz der Städte und Kreise. Wie aber steht es in Westfalen konkret mit den von den Bürgerinnen und Bürgern produzierten Müllmengen?

Das Statistische Landesamt (www.it.nrw.de) veröffentlicht jährlich Angaben zum Aufkommen häuslicher Siedlungsabfälle in Nordrhein-Westfalen. Dabei wird die Gesamtmenge unterteilt in
•  Haus- und Sperrmüll,
•  getrennt erfasste organische Abfälle,
•  getrennt erfasste Wertstoffe und
•  getrennt erfasste sonstige Abfälle.

Die "organischen Abfälle" werden meist mit den "Biotonnen" erfasst und beziehen sich auf Bio- und Grünabfälle.

"Wertstoffe" sind z.B. Papier, Glas, Metall wie z.B. Weißblech-Konservendosen, Holz, Bekleidung/Textilien sowie Leichtverpackungen wie etwa Kunststoffe. Elektro-Altgeräte sind in dieser Statistik nicht mit erfasst.

Bei den "sonstigen Abfällen" handelt es sich hauptsächlich um Sondermüll, der aber mengenmäßig lediglich etwa 0,2% der häuslichen Abfälle ausmacht.
 

Abb. 1: Häusliche Siedlungsabfälle in kg pro Einwohner 2012 (Quellen: www.it.nrw.de, eigene Berechnungen)

Gesamtmengen

Die "Abfallrahmenrichtlinie" der Europäischen Gemeinschaft vom November 2008 und das hierauf gründende Kreislaufwirtschaftsgesetz des Bundes vom 01.06.2012 legen eine fünfstufige Hierarchie für den Umgang mit Abfällen fest. Danach hat die "Vermeidung" die oberste Priorität – vor Wiederverwendung, Recycling und sonstiger (energetischer) Verwendung. Am Ende der Hierarchie steht die Beseitigung.

Vor dem Hintergrund der besonderen Bedeutung der Müllvermeidung soll zunächst die Gesamtmenge der häuslichen Siedlungsabfälle in den Blick genommen werden. Dabei zeigt sich, dass es erhebliche regionale Un­terschiede gibt in Bezug auf die etwa 450 kg Müll, die jeder Einwohner in Westfalen-Lippe im Jahr 2012 im Durchschnitt erzeugte (Abb. 1).

Die Gesamtmengen waren mit 648 kg pro Einwohner in Bottrop am höchsten – nicht nur innerhalb Westfalens, sondern auch in Nordrhein-Westfalen insgesamt.

Gesamtmengen um 500 kg pro Einwohner wiesen einerseits Gelsenkirchen und Herne, andererseits die Kreise Borken, Coesfeld, Recklinghausen, Wa­ren­dorf, Unna und der Märkische Kreis auf.

Die geringsten Gesamtmengen erzeugten dagegen die Bewohner der Kreise Höxter (357 kg/Einw.) und Herford (367 kg/Einw.).

Abb. 2: Anteile am Gesamtabfallaufkommen 2012 (Quellen: it.nrw.de, eigene Berechnungen)

Für die unterschiedliche Höhe dieser Werte gibt es verschiedene Gründe:

  • Zwar werden die Gewerbe- und Industrieabfälle statistisch gesondert erfasst, sie bleiben also hier im Prinzip unberücksichtigt, aber zu den Siedlungsabfällen zählen sehr wohl auch die "hausmüllähnlichen Gewerbeabfälle". Solche Abfälle schlagen je nach Anzahl und Struktur der Gewerbebetriebe in unterschiedlichem Maße zu Buche.
  • Da zu den organischen Abfällen auch Grünabfälle z.B. aus dem häuslichen Garten gezählt werden, ist die Gesamtmenge des Abfalls in jenen Kreisen besonders hoch, wo der Anteil der Einfamilienhäuser besonders hoch ist. So wohnen etwa in den Münsterlandkreisen ca. doppelt so viele Menschen in einem Eigenheim wie in den Ruhrgebietsstädten.
  • Die Sozialstruktur der Bevölkerung kann ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Die durchschnittlichen Haushaltsgrößen, die Frage der z.B. ganztägigen Berufstätigkeit beider Partner, die Verteilung der "sozialen Milieus" usw. können Einfluss auf die Menge des Siedlungsabfalls haben.
  • Auch die Höhe der Gebühren für die Abfallentsorgung kann eine Rolle spielen. Der Bund der Steuerzahler hat beispielsweise für 2011 "die preiswertesten und teuersten NRW-Städte und -Gemeinden im Bereich der Abfallentsorgung" veröffentlicht (www.steuerzahler-nrw.de). Danach betrug 2011 die Jahresgebühr für einen Vier-Personen-Haushalt mit drei 120-Liter-Tonnen (je eine für Biomüll, Papier und Restmüll) beispielsweise in Gelsenkirchen nur 157,85 Euro und in Bottrop 245,14 Euro, in Bochum dagegen 443,20 Euro – obwohl die Restmülltonnen in Bottrop und Gelsenkirchen wö­chentlich, in Bochum nur 14-tägig geleert wurden.
Abb. 3: Abfallsammlung eines Mehrfamilienhauses (Foto: P. Wittkampf)

Anteile der einzelner Abfallarten

Die Menge der organischen Abfälle differiert innerhalb Westfalens zwischen 220,9 kg pro Einwohner im Kreis Borken und 49,0 kg pro Einwohner in Bochum. Auf die Tatsache, dass sich z.B. ein eigener Garten auf die Menge des Grünabfalls auswirkt, wurde bereits hingewiesen. Aus dem jeweiligen Anteil an Einfamilienhäusern in einer Region lässt sich anhand der Relation auf die Anzahl der Wohngebäude und der Wohnungen schließen. Nach dem Statistischen Jahrbuch für Nordrhein-Westfalen (2013) be­trägt z.B. in den Kreisen Borken und Steinfurt diese Relation 1:1,5, im Kreis Soest 1:1,7. Das heißt, hier wohnt ein relativ großer Teil der Bevölkerung in Einfamilienhäusern. Gelsenkirchen weist dagegen eine Relation von 1:3,7 auf, Bochum und Hagen jeweils 1:3,4.

Daneben können auch weitere Faktoren die Menge der organischen Abfälle beeinflussen, z.B. der Anteil derer, die ihre Hauptmahlzeit nicht zu Hause zubereiten und einnehmen, sondern beispielsweise in einer Kantine essen.

Es stellt sich allerdings generell die Frage, ob man organische Abfälle ge­nau so wie den restlichen Hausmüll als "Müll" einstufen kann und sollte. Denn z.B. in Kompostwerken werden hieraus – außer Biogas – auch Gartenkompost, Pflanz- und Blumenerde usw. erzeugt. Ein 45-Liter-Sack solcher Kompostierungserzeugnisse wird dann für ca. 4,00 bis 5,00 Euro verkauft.

Weil Bioabfälle als Rohstoffquelle gelten können, verfolgt das NRW-Um­weltministerium laut Pressemitteilung vom 02.10.2013 sogar das Ziel, "im Schnitt pro Einwohnerin und Einwohner in NRW jährlich 150 kg Bioabfälle getrennt zu sammeln".

Auch die Wertstoffe, deren Aufkommen zwischen 194,8 kg pro Einwohner im Kreis Unna und 106,4 kg pro Einwohner in der Stadt Gelsenkirchen liegt, werden zu einem be­trächtlichen Teil recycelt. Wenn allerdings weniger Wertstoffabfälle getrennt gesammelt werden, so wie dies in einigen Städten und Kreisen Westfalens der Fall ist, kann das die Menge des "Restmülls" deutlich erhöhen.

Die Vermutung der Sprecherin des Arbeitskreises Technischer Um­weltschutz beim BUND hierzu be­trifft also nicht nur die Wertstoffabfälle, sondern den Abfall generell: "Die regionalen Abweichungen haben unter anderem mit den unterschiedlichen Sozialstrukturen zu tun. So ist zu beobachten, dass in den anonymeren Großstädten generell mehr Müll produziert wird als auf dem Land. Auch der Bildungsstand könnte dabei eine Rolle spielen – insbesondere beim Thema Mülltrennung und Müllvermeidung" (www.westfalen-heute.de).

Beim Restmüll konnten die für die Entsorgung zuständigen Stellen in Nordrhein-Westfalen bisher per Ausschreibungswettbewerb die kostengünstigste Verbrennungsanlage wählen. Die neue Landesregierung hat im Oktober 2013 nun aber das Prinzip der "regionalen Entsorgungsautarkie" beschlossen. Hiernach sollen nur noch ortsnahe Verbrennungsanlagen beauftragt werden können, was die Beförderungswege verkürzen soll. Viele Kommunen befürchten allerdings, dass sich hierdurch die Gebühren für die Bürger erhöhen werden.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2014