250 Jahre Bagno Konzertgalerie in Burgsteinfurt
Fast etwas verschämt versteckt sich das eher schlichte Gebäude (Abb. 1) in der weitläufigen, dem Wasserschloss Burgsteinfurt vorgelagerten Parkanlage des Bagno. Ein Badehaus (ital. il bagno) gab der Anlage ihren Namen. Das Bagno wurde in Anlehnung an den Rundbau des Wasserschlosses in mehreren Etappen geplant und beinhaltete ursprünglich mehrere Dutzend exotische Bauwerke, darunter ein Chinesisches Palais, verschiedene antike Tempel, einen Tiergarten und außergewöhnliche Wasserspiele. Ursprünglich als familiärer "Lustgarten" von den Grafen zu Bentheim-Steinfurt konzipiert, entwickelte sich das Ensemble schon bald zu einer Art exotischer Freizeitpark für alle Bürgerinnen und Bürger. Das verbindende Element bildete der Bagno-See mit zahlreichen künstlich angelegten Inseln.
250 Jahre später ist die Konzertgalerie eines der wenigen noch bestehenden Gebäude. Nach umfangreichen Renovierungsarbeiten in den 1990er Jahren finden hier wieder Konzerte mit z.T. weltbekannten Musikerinnen und Musikern statt.
Die im Jahr 1774 erbaute Konzertgalerie gilt als ältester freistehender Konzertsaal Europas. Sie ist damit ein Kleinod mit kultureller Strahlkraft in einer von außen oftmals als provinziell bewerteten Region.
Neugestaltung der Konzertgalerie
Im Jahr 1964 war die Galerie, obwohl noch als Gebäude äußerlich sichtbar, heruntergekommen und beschädigt. Sie diente als Lagerhalle für die Boote, mit denen Fahrten auf dem Bagno-See unternommen werden konnten. Von der Decke und den Wänden im Gebäudeinneren war in großen Bereichen der kunstvoll gestaltete Stuckputz weggebrochen.
In den Folgejahren wurden zwar einige dringend notwendige Sanierungsmaßnahmen vorgenommen, aber der Verfall der kulturhistorisch wertvollen Ausstattung des Saals ging zunächst weiter. Erst 20 Jahre später gab es mit Unterstützung von Landes- und Regionalbehörden, darunter das Westfälische Amt für Denkmalpflege, grundlegende Überlegungen für eine umfassende Renovierung des Gebäudes sowie für dessen kulturelle Folgenutzung. Die Arbeiten konnten schließlich – unterstützt durch Zuwendungen der Deutschen Stiftung für Denkmalschutz – im Jahr 1997 abgeschlossen werden.
Seitdem werden in dem rd. 30 m langen und 10 m breiten Konzertsaal – nach vielen Jahrzehnten "musikalischer Stille" – im Rahmen eines für jede Spielperiode vorgelegten Programms wieder regelmäßig Konzerte und andere Events angeboten. Hierbei bietet die Räumlichkeit Platz für etwa 250 Gäste (Abb. 2). Der Zugang vom Foyergebäude erfolgt durch einen neu geschaffenen Verbindungsgang (Abb. 3).
Der Bagnopark – ein Kunstwerk der Landschaftsarchitektur
Im Rahmen des Strukturförderprogramms REGIONALE "Rechts und Links der Ems" (s. Beitrag Wolters) ergaben sich im Jahr 2004 Möglichkeiten, den Bagnopark als bedeutendes Element des Natur- und Kulturraumes im Steinfurter Land wiederzubeleben und seine Potenziale für die Region zu entwickeln. Als "Ankerpunkt" bot sich die bereits renovierte Konzertgalerie an. Um diesen wurde der Bagnopark neu gestaltet. Ein wichtiges Element dabei ist die "Große Allee", eine Doppelbaumreihe aus Kastanien. Sie ist etwa einen halben Kilometer lang und war bereits in ihrer Entstehungszeit im 18. Jh. ein wesentliches Verbindungselement zwischen dem Schloss Burgsteinfurt und der Konzertgalerie. Für die Erneuerung des Weges mussten zahlreiche alte Bäume nach mehr als zwei Jahrhunderten gerodet werden; sie wurden durch junge Kastanien und Sommerlinden ersetzt.
Der Park selbst wurde als Ganzes unter Landschafts- und Naturschutz gestellt. Für Kinder sind mehrere Freiräume zum Spielen vorgesehen. Interessierte Besucherinnen und Besucher können zudem an verschiedenen themenbezogenen Führungen durch den Park teilnehmen. Das Hauptwegenetz ist barrierefrei.
Seit 2006 ist der Bagnopark Teil des "Europäischen Gartennetzwerks" (engl. European Garden Heritage Network) (s. Beitrag Woltering).
Das Programm im Jubiläumsjahr 2024
Das Angebot im Jubiläumsjahr verdeutlicht eindrucksvoll, welche Strahlkraft Konzertgalerie und Park mittlerweile auch über die Grenzen des Münsterlandes hinaus besitzen. Hochkarätig besetzte Konzerte wechseln sich ab mit musikalisch begleiteten Vorträgen. Zudem werden musikalisch gestaltete Rundgänge durch den Bagnopark angeboten. Auch für Schulen gibt es – je nach Schulform – verschiedene pädagogische Angebote.
Alles in allem erwartet die Besucherinnen und Besucher ein attraktives Programm, das Jung und Alt einlädt, sowohl Konzertgalerie als auch Park in Burgsteinfurt zu besuchen und sich auf ungewöhnliche Art vom Charme des Bagno bezaubern zu lassen. Dies hätten sich auch die kunstsinnigen Erbauer des Bagno, die Grafen aus dem Hause Steinfurt-Bentheim, mit Sicherheit gewünscht.
Weiterführende Literatur/Quellen
- Bagno-Kulturkreis Steinfurt (Hg.) (2024): JUBILATE! 250 Jahre BAGNO Konzertgalerie Steinfurt. Flyer, Plakat und Programmübersicht. Steinfurt
- Höchstetter, C. (2022): Das Bagno – Disneyland im Barock. In: MÜNSTER! Magazin Nr. 125, Juli/August 2022
- Lübbers, W. (1992): Das Bagno bei Burgsteinfurt – Versuch einer Rekonstruktion. Steinfurt
- Stadt Steinfurt (Hg.) (2005): Landschaftspark Bagno. Ein Projekt der Regionale 2004. Steinfurt
- Strickling, H. (2004): Das Bagno in Steinfurt. Ein Gang durch den historischen Park zu seiner Blütezeit. Steinfurt
- Strohmann, D. (1987): Die Konzertgalerie im Burgsteinfurter Bagno. Kunsthistorische Erkenntnisse bei der Vorbereitung der Wiederherstellung des Bauwerks. Münster
- Strohmann, D. (1989): Die Konzertgalerie in Burgsteinfurter Bagno. In: Westfalen 67/1989
- https://bagno-konzertgalerie.de
- https://www.denkmalschutz.de/denkmal/bagno.html
- https://www.eghn.org/de/steinfurter-bagno
- https://www.steinfurt-touristik.de/de/sehenswertes/das-bagno
Erstveröffentlichung 2024