weiterer Autor: Heinz Heineberg
50 Jahre Bevölkerungswachstum in Westfalen?
Tab. 1 zeigt, dass die Bevölkerung des Landesteils Westfalen innerhalb der Grenzen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) im letzten halben Jahrhundert von knapp 6,5 Mio. Einwohnern auf rd. 8,48 Mio., also um knapp ein Drittel (31,5%), angewachsen ist. Dazu haben vor allem die hohen Geburtenüberschüsse in den ersten Nachkriegsjahrzehnten, aber auch Bevölkerungszuwanderungen (z. B. aus dem östlichen Deutschland) beigetragen. Unter den drei Regierungsbezirken von Westfalen weist der Bezirk Münster mit 38,5% den höchsten Einwohnerzuwachs auf, gefolgt von den Regierungsbezirken Detmold (36,4%) und Arnsberg (24,7%). Wie die Einwohnerstatistik vom 31.12.2002 (8,496 Mio. Einw.) zeigt, hat sich die Bevölkerungszahl von Westfalen in den letzten Jahren wenig, allerdings weiterhin positiv entwickelt.
Innerhalb Westfalens bzw. der drei Regierungsbezirke lassen sich, wie Abb. 1 zeigt, Teilregionen bzw. Gemeinden mit besonders starken Einwohnerzuwächsen ausmachen. Dies sind die noch stärker ländlich geprägten Räume im westlichen Bezirk Münster bzw. des Münsterlandes (Kreise Borken und Coesfeld), Umlandgemeinden der Großstädte bzw. Oberzentren Münster, Dortmund, Hagen, Bielefeld und Paderborn (Abb. 2) sowie auch eine Reihe von Wachstumsgemeinden im südlichen Westfalen. Hohe natürliche Zuwachsraten der Bevölkerung (z.B. im westlichen Münsterland) und/oder von den Großstädten ausgehende Kern-Rand-Wanderungen (Suburbanisierung und Exurbanisierung) sind wesentliche Ursachen. Demgegenüber zeichnen sich zahlreiche Gemeinden im östlichen bzw. südöstlichen Westfalen in den berücksichtigten 50 Jahren nur durch relativ geringe Einwohnerzuwächse oder sogar durch einen Einwohnerrückgang (südöstlicher Teil des Kreises Höxter) aus. Dies gilt auch für Großstädte im mittleren Ruhrgebiet (Bochum, Herne) und in der sog. Emscher-Lippe-Region (v. a. Gelsenkirchen und Gladbeck) dieses Verdichtungsraumes.
Gliedert man die Bevölkerungsentwicklung - wie bereits oben angedeutet - in die Komponenten der sog. natürlichen Bevölkerungsbewegung (Überschuss oder Defizit zwischen Lebendgeborenen und Gestorbenen) und der Wanderungen (Überschuss oder Defizit zwischen Zu- und Fortzügen), so ergeben sich Anhaltspunkte für die Ursachen des Bevölkerungswachstums einerseits oder der Einwohnerschrumpfung andererseits. So wurde beispielsweise im Jahr 2002 die Bevölkerungszunahme im Landesteil Westfalen von plus 8845 Einwohnern ganz eindeutig von Bevölkerungswanderungen (mit einem Überschuss von plus 18926 Personen) beeinflusst, dem wegen des ganz erheblichen Sterbeüberschusses gegenüber den Geburten ein Defizit von minus 10081 Einwohnern gegenüberstand. In den Städten oder Kreisen mit Bevölkerungsschrumpfung konnten die Zuwanderungen die durchweg negative natürliche Bevölkerungsbewegung nicht ausgleichen. Dies gilt z.B. für die Großstadt Bochum, deren Wanderungsüberschuss von plus 349 Personen im Jahre 2002 mit einem Defizit in der natürlichen Bevölkerungsentwicklung von minus 1567 Einwohnern kontrastierte. In einer Anzahl von Städten und Kreisen kumulieren sich sogar negative Wanderungsbilanzen und natürlicher Bevölkerungsschwund. Beispielsweise hatte die Großstadt Gelsenkirchen 2002 ein Wanderungsdefizit von minus 531 und ein Defizit der natürlichen Bevölkerungsbewegung von minus 1283 Einwohnern zu verzeichnen, woraus eine Einwohnerabnahme von minus 1814 Personen innerhalb eines Jahres resultierte. Dieser Trend wird sich in einer Reihe von Ruhrgebietsstädten in der Zukunft fortsetzen bzw. sogar noch verschärfen.
Demgegenüber profitieren verdichtungsraumnah gelegene, aber auch andere Kreise im sog. ländlichen Raum (mit allerdings bereits einem relativen Grad an Verstädterung) sowohl von Zuwanderungsüberschüssen als auch (noch) von positiven natürlichen Salden (Beispiel: Kreis Coesfeld mit einem Wanderungsüberschuss von plus 1512 Personen und einem Überschuss in der natürlichen Bevölkerungsbewegung von plus 256 Einwohnern im Jahre 2002). Auch die kreisfreie Stadt Münster kann in ihrer jüngeren Entwicklung sowohl von Zuwanderungen (z.B. im Jahre 2002 ein Wanderungsüberschuss von plus 1539 Personen) als auch von Geburtenüberschüssen (plus 209 Personen als natürlicher Bevölkerungsüberschuss) profitieren.
Weiterführende Literatur/Quellen
• | Gorki, H. F. (2002): Bevölkerung I: Dichte und Zahl 2000, Entwicklung 1950-2000 und Bevölkerung II: Entwicklung in Phasen 1939-2000, Zuwanderer 1950 und 2000. In: Geographische Kommission für Westfalen (Hg.): Geographisch-Landeskundlicher Atlas von Westfalen, 11. Lieferung. Münster | |
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Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und Stiftung Westfalen-Initiative (Hg.) (2003): Standort Westfalen. Regionalstatistik für Westfalen-Lippe. Münster |
Erstveröffentlichung 2007