Biogas aus der Landwirtschaft

18.11.2014 Peter Wittkampf

Inhalt

Biogasanlagen

Biomasse kann durch anaerobe Bakterien, also ohne Sauerstoff, biochemisch zersetzt werden. Dabei bilden sich Gase, bei denen das Methan mit 50 bis 75% die größte Bedeu­tung hat. Kohlendioxid macht 25 bis 45% der entstehenden Gase aus.

In Westfalen gibt es zwar auch Abfallwirtschaftsgesellschaften und Unternehmen, die bei der Verarbeitung organischen Materials, z.B. von "Biomüll" oder Schlacht­hofabfällen, Biogas produzieren. In diesem Beitrag soll es aber speziell um die sehr viel zahlreicheren Anlagen der westfälischen Landwirtschaft gehen.

Abb. 1: Biogasanlagen landwirtschaftlicher Betriebe in Westfalen, Stand 07/2014 (Quelle: Landwirtschaftskammer NRW)

Erhebliche Mengen organischen Materials aus landwirtschaftlichen Be­trieben werden inzwischen als "Substrat" in den "Fermentern" von Biogasanlagen fermentiert ("vergoren").

Vorrangig zu nennen ist hierbei die Gülle, aber auch andere organische Abfallstoffe und Rückstände werden verwendet, außerdem Energiepflanzen, also nachwachsende Rohstoffe. Bei Gülle ist die Menge des zu gewinnenden Biogases relativ niedrig. Um hierbei die Gasausbeute zu steigern, wird der Gülle energiereiches Trockensubstrat ("Koferment") zugesetzt, vor allem Silomais. Um also eine Biogasanlage rentabel betreiben zu können, braucht man in der Regel außer Gülle auch relativ große Nutzflächen.

Aus dem Gas, das in einer Biogasanlage entsteht, kann sowohl nutzbare Wärme als auch Strom gewonnen werden. Letzteres ge­schieht in der Regel in einem angeschlossenen Blockheizkraftwerk. Ein Kubikmeter Biogas hat – bei güns­tigem Methangehalt – einen Heizwert, der etwa 0,6 l Heizöl entspricht. Etwa 2 kWh Strom lassen sich hieraus erzeugen.

Der Methananteil hängt u.a. von der Zusammensetzung des Substrats ab. Bei Geflügel- und Schweinekot beispielsweise verringert sich die Methanmenge wegen der hohen Ammoniumwerte deutlich.

Theoretisch lässt sich aus dem Biogas auch Biomethan gewinnen, das man in das öffentliche Erdgasnetz einspeisen könnte. Allerdings nutzen dies die Landwirte in Nordrhein-Westfalen kaum, weil der Ab­nahmepreis zu niedrig erscheint.

Zwischen Fermenter und Blockheizkraftwerk wird das Gas in Behältern zwischengespeichert, damit temporäre Engpässe bei der Gaszufuhr in das Blockheizkraftwerk möglichst vermieden werden. Die Auslas­tung der landwirtschaftlichen Biogasanlagen liegt im Durchschnitt bei 87% der möglichen Volllaststunden.

Die bei der Fermentierung übrig bleibenden Rückstände können als Düngemittel verwendet werden. Sie sind deutlich weniger aggressiv als Gülle.

Landwirtschaftliche Biogasanlagen in Westfalen

In Westfalen waren am 1. Juli 2014 insgesamt 464 landwirtschaftlich betriebene Biogasanlagen mit einer installierten Gesamtleistung von ca. 204 MW registriert. Zum Vergleich: Im Rheinland waren es zum gleichen Zeitpunkt 114 An­lagen mit zusammen etwa 59 MW.

Bei der Belastbarkeit dieser Zahlenwerte sind allerdings statistische Erfassungsprobleme mit zu bedenken. Die tatsächliche Zahl der Anlagen dürfte um etwa 5% höher liegen, wenn man die nicht registrierten mitrechnet. Insgesamt käme man so für Nordrhein-Westfalen auf 607 Anlagen mit einer installierten Leistung von 275 MW.

Die Registrierung erfolgt durch eine Biogasanlagen-Betreiberdatenbank, die die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen unterhält.

Abb. 2: Biogasanlage bei Ostbevern, Bauerschaft (Foto: P. Wittkampf)

Unmittelbar vor dem Jahr 2012 hat sowohl die Zahl der Anlagen als auch die elektrische Nennleistung stark zugenommen. Allein von 2010 bis 2011 erhöhte sich die Anzahl der Biogasanlagen um mehr als 30%, ihre Leistungskapazität sogar um ca. 40%. Diese Zunahme lässt sich vor allem vor dem Hintergrund der Än­derung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) erklären, das von 2012 an bei Neuanlagen die Vergütungssätze geändert hat. Viele In­teressenten wollten sich noch die "alten" Bedingungen sichern. In den Jahren 2012 bis 2014 hat sich daher die Zahl der pro Jahr zusätzlich in­stallierten Neuanlagen deutlich verringert. Sie profitabel zu betreiben, ist schwieriger geworden; in der Regel lohnen sich nur noch An­lagen mit höheren Leistungskapazitäten. Maßnahmen zu einer solchen Leis­tungssteigerung wurden vor allem im Jahr 2013 beobachtet. Teilweise sind Biogasanlagen aber auch für die Verwertung überschüssiger Gülle wichtig, so wie dies beispielsweise im Kreis Borken mit seinem besonders hohen Viehbesatz der Fall ist.

Tab. 1: Biogas aus der Landwirtschaft: Pro und Kontra (Zusammenstellung: P. Wittkampf)

Tabelle 2 zeigt die Entwicklung von 2011 bis 2014 in ausgewählten Kreisen.

Der in die Netze eingespeiste Strom wird nach bestimmten Staffelungskriterien vergütet. Maßgeblich hierbei sind u.a. die kW-Leistung der Anlage und der Bedeutungsanteil der Kraft-Wärme-Kopplung so­wie die Art des eingesetzten Substrats, wobei Gülle und Mais eine besondere Rolle spielen. Die Grundvergütung pro Kilowattstunde – ohne Berücksichtigung von Zusatzvergütungen – liegt zwischen 6 und 14,3 Cent.

Die räumliche Verteilung der re­gistrierten Biogasanlagen innerhalb Westfalens zeigt Abbildung 1: Kreise mit – im Juli 2014 – je­weils mehr als 35 Anlagen sind Borken (85 Anlagen), Minden-Lübbecke (40), Coesfeld (38), Paderborn (37) und Steinfurt (37). Auch in den Kreisen Warendorf (35), Höxter (35) und Soest (33) gibt es relativ viele Biogasanlagen.

In der "Leistungsdichte", also der Relation der Kilowattleis­tung zur Landwirtschaftsfläche (LF) der Kreise, ist ebenfalls der Kreis Borken "Spitzenreiter" mit ca. 35 kW pro 100 ha LF.

Tab. 2: Entwicklung der Biogasanlagen 2011–2014 in ausgewählten Kreisen (Quelle: Landwirtschaftskammer NRW)

In zehn der insgesamt 27 Kreise und kreisfreien Städte Westfalens existierten im Juli 2014 jeweils weniger als fünf bzw. gar keine Anlagen (Abb. 1). In den Städten ist dies ohnehin verständlich. Aber auch in den Kreisen Olpe und Siegen-Wittgenstein sowie im Ennepe-Ruhr-Kreis kann z.B. der nur sehr geringe Maisanbau die be­nötigten Substratmengen nicht liefern.

Aus dem Vergleich der Anzahl der Anlagen in den westfälischen Kreisen und kreisfreien Städten einerseits und der Summe der Me­gawattleistung in diesen Regionen andererseits ergibt sich, dass in den Kreisen Lippe, Soest und Steinfurt im Durchschnitt die Energieerzeugung pro vorhandenen Anlagen besonders hoch ist. Im Kreis Steinfurt beispielsweise erzeugen 37 An­lagen zusammen 21 MW, während es im Kreis Borken 85 Anlagen zu­sammen lediglich auf 33 MW bringen (Tab. 2). Entscheidend sind hierbei u.a. folgende Aspekte:

  • die generelle Größe der Anlagen,
  • die eingesetzten Substrate, z.B. Gülle oder Mais, mit ihrem je unterschiedlichen Einfluss auf die Energieerzeugung,
  • die Investitionen in den Ausbau des Leistungspotenzials der Anlagen, wobei solche Investitionen oft nur in den finanziell besonders gut ausgestatteten Betrieben mög­lich sind.

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Weiterführende Literatur/Quellen

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Erstveröffentlichung 2012, Aktualisierung 2014