Biogas aus der Landwirtschaft
Biogasanlagen
Biomasse kann durch anaerobe Bakterien, also ohne Sauerstoff, biochemisch zersetzt werden. Dabei bilden sich Gase, bei denen das Methan mit 50 bis 75% die größte Bedeutung hat. Kohlendioxid macht 25 bis 45% der entstehenden Gase aus.
In Westfalen gibt es zwar auch Abfallwirtschaftsgesellschaften und Unternehmen, die bei der Verarbeitung organischen Materials, z.B. von "Biomüll" oder Schlachthofabfällen, Biogas produzieren. In diesem Beitrag soll es aber speziell um die sehr viel zahlreicheren Anlagen der westfälischen Landwirtschaft gehen.
Erhebliche Mengen organischen Materials aus landwirtschaftlichen Betrieben werden inzwischen als "Substrat" in den "Fermentern" von Biogasanlagen fermentiert ("vergoren").
Vorrangig zu nennen ist hierbei die Gülle, aber auch andere organische Abfallstoffe und Rückstände werden verwendet, außerdem Energiepflanzen, also nachwachsende Rohstoffe. Bei Gülle ist die Menge des zu gewinnenden Biogases relativ niedrig. Um hierbei die Gasausbeute zu steigern, wird der Gülle energiereiches Trockensubstrat ("Koferment") zugesetzt, vor allem Silomais. Um also eine Biogasanlage rentabel betreiben zu können, braucht man in der Regel außer Gülle auch relativ große Nutzflächen.
Aus dem Gas, das in einer Biogasanlage entsteht, kann sowohl nutzbare Wärme als auch Strom gewonnen werden. Letzteres geschieht in der Regel in einem angeschlossenen Blockheizkraftwerk. Ein Kubikmeter Biogas hat – bei günstigem Methangehalt – einen Heizwert, der etwa 0,6 l Heizöl entspricht. Etwa 2 kWh Strom lassen sich hieraus erzeugen.
Der Methananteil hängt u.a. von der Zusammensetzung des Substrats ab. Bei Geflügel- und Schweinekot beispielsweise verringert sich die Methanmenge wegen der hohen Ammoniumwerte deutlich.
Theoretisch lässt sich aus dem Biogas auch Biomethan gewinnen, das man in das öffentliche Erdgasnetz einspeisen könnte. Allerdings nutzen dies die Landwirte in Nordrhein-Westfalen kaum, weil der Abnahmepreis zu niedrig erscheint.
Zwischen Fermenter und Blockheizkraftwerk wird das Gas in Behältern zwischengespeichert, damit temporäre Engpässe bei der Gaszufuhr in das Blockheizkraftwerk möglichst vermieden werden. Die Auslastung der landwirtschaftlichen Biogasanlagen liegt im Durchschnitt bei 87% der möglichen Volllaststunden.
Die bei der Fermentierung übrig bleibenden Rückstände können als Düngemittel verwendet werden. Sie sind deutlich weniger aggressiv als Gülle.
Landwirtschaftliche Biogasanlagen in Westfalen
In Westfalen waren am 1. Juli 2014 insgesamt 464 landwirtschaftlich betriebene Biogasanlagen mit einer installierten Gesamtleistung von ca. 204 MW registriert. Zum Vergleich: Im Rheinland waren es zum gleichen Zeitpunkt 114 Anlagen mit zusammen etwa 59 MW.
Bei der Belastbarkeit dieser Zahlenwerte sind allerdings statistische Erfassungsprobleme mit zu bedenken. Die tatsächliche Zahl der Anlagen dürfte um etwa 5% höher liegen, wenn man die nicht registrierten mitrechnet. Insgesamt käme man so für Nordrhein-Westfalen auf 607 Anlagen mit einer installierten Leistung von 275 MW.
Die Registrierung erfolgt durch eine Biogasanlagen-Betreiberdatenbank, die die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen unterhält.
Unmittelbar vor dem Jahr 2012 hat sowohl die Zahl der Anlagen als auch die elektrische Nennleistung stark zugenommen. Allein von 2010 bis 2011 erhöhte sich die Anzahl der Biogasanlagen um mehr als 30%, ihre Leistungskapazität sogar um ca. 40%. Diese Zunahme lässt sich vor allem vor dem Hintergrund der Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) erklären, das von 2012 an bei Neuanlagen die Vergütungssätze geändert hat. Viele Interessenten wollten sich noch die "alten" Bedingungen sichern. In den Jahren 2012 bis 2014 hat sich daher die Zahl der pro Jahr zusätzlich installierten Neuanlagen deutlich verringert. Sie profitabel zu betreiben, ist schwieriger geworden; in der Regel lohnen sich nur noch Anlagen mit höheren Leistungskapazitäten. Maßnahmen zu einer solchen Leistungssteigerung wurden vor allem im Jahr 2013 beobachtet. Teilweise sind Biogasanlagen aber auch für die Verwertung überschüssiger Gülle wichtig, so wie dies beispielsweise im Kreis Borken mit seinem besonders hohen Viehbesatz der Fall ist.
Tabelle 2 zeigt die Entwicklung von 2011 bis 2014 in ausgewählten Kreisen.
Der in die Netze eingespeiste Strom wird nach bestimmten Staffelungskriterien vergütet. Maßgeblich hierbei sind u.a. die kW-Leistung der Anlage und der Bedeutungsanteil der Kraft-Wärme-Kopplung sowie die Art des eingesetzten Substrats, wobei Gülle und Mais eine besondere Rolle spielen. Die Grundvergütung pro Kilowattstunde – ohne Berücksichtigung von Zusatzvergütungen – liegt zwischen 6 und 14,3 Cent.
Die räumliche Verteilung der registrierten Biogasanlagen innerhalb Westfalens zeigt Abbildung 1: Kreise mit – im Juli 2014 – jeweils mehr als 35 Anlagen sind Borken (85 Anlagen), Minden-Lübbecke (40), Coesfeld (38), Paderborn (37) und Steinfurt (37). Auch in den Kreisen Warendorf (35), Höxter (35) und Soest (33) gibt es relativ viele Biogasanlagen.
In der "Leistungsdichte", also der Relation der Kilowattleistung zur Landwirtschaftsfläche (LF) der Kreise, ist ebenfalls der Kreis Borken "Spitzenreiter" mit ca. 35 kW pro 100 ha LF.
In zehn der insgesamt 27 Kreise und kreisfreien Städte Westfalens existierten im Juli 2014 jeweils weniger als fünf bzw. gar keine Anlagen (Abb. 1). In den Städten ist dies ohnehin verständlich. Aber auch in den Kreisen Olpe und Siegen-Wittgenstein sowie im Ennepe-Ruhr-Kreis kann z.B. der nur sehr geringe Maisanbau die benötigten Substratmengen nicht liefern.
Aus dem Vergleich der Anzahl der Anlagen in den westfälischen Kreisen und kreisfreien Städten einerseits und der Summe der Megawattleistung in diesen Regionen andererseits ergibt sich, dass in den Kreisen Lippe, Soest und Steinfurt im Durchschnitt die Energieerzeugung pro vorhandenen Anlagen besonders hoch ist. Im Kreis Steinfurt beispielsweise erzeugen 37 Anlagen zusammen 21 MW, während es im Kreis Borken 85 Anlagen zusammen lediglich auf 33 MW bringen (Tab. 2). Entscheidend sind hierbei u.a. folgende Aspekte:
- die generelle Größe der Anlagen,
- die eingesetzten Substrate, z.B. Gülle oder Mais, mit ihrem je unterschiedlichen Einfluss auf die Energieerzeugung,
- die Investitionen in den Ausbau des Leistungspotenzials der Anlagen, wobei solche Investitionen oft nur in den finanziell besonders gut ausgestatteten Betrieben möglich sind.
Weiterführende Literatur/Quellen
• | Braun, J., W. Lorleberg und H. Wacup (2009): Regionale Struktur- und Einkommenswirkungen der Biogasproduktion in NRW. Soest | |
• | Energieagentur NRW (Hg.) (o. J.): Biogas: Strom und Wärme aus Gülle. Düsseldorf (Broschüre) | |
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Fraunhofer Institut et al. (Hg.) (2011): Flexible Stromproduktion aus Biogas und Biomethan. (www.iwes.fraunhofer.de/de/publikationen0/uebersicht/publikationen_veroeffentlichungengesamt/2011/flexible_stromproduktionausbiogasundbiomethan/_jcr_content/pressrelease/linklistPar/download/file.res/Flexible%20Stromproduktion%20aus%20Biogas%20und%20Biomethan.pdf) |
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MUNLV NRW Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (Hg.) (2009): Umweltbericht Nordrhein-Westfalen 2009. Düsseldorf |
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MURL NRW Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen (Hg.) (1999): Biogas in der Landwirtschaft. Grundlagen – Technik – Förderung. Düsseldorf (Broschüre) |
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WN Westfälische Nachrichten vom 20.10.2011: "Mammutprojekt Biogas Münsterland" (www.wn.de) |
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WN Westfälische Nachrichten vom 09.02.2012: "Chancen und Risiken von Biogas: Landwirte sind geteilter Meinung" (www.wn.de) |
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• | www.agrarheute.com (Artikel "NRW: Biogastrend hält an" vom 05.05.2011) | |
• | www.aid.de/landwirtschaft/biogas | |
• | www.biogas-muensterland.de | |
• | www.biogasinfoservice.de | |
• | www.biogasrat.de | |
• | www.biomassenutzung.de | |
• | www.ea-nrw.de | |
• | www.eeg2012.info | |
• | www.erneuerbare-energien.de | |
• | www.landwirtschaftskammer.de | |
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www.lwl.org/LWL/Kultur/Westfalen_Regional/Wirtschaft/Energiewirte |
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• | www.wwf.de |
Erstveröffentlichung 2012, Aktualisierung 2014