Biologische Stationen in Westfalen

01.01.2014 Karl-Heinz Otto

Inhalt

Einzigartig in Deutschland

Die Biologischen Stationen gelten als Gütesiegel nordrhein-westfälischer Naturschutzpolitik (Neiss 2001, S. 8). Kein anderes Bundesland in Deutschland verfügt über eine vergleichbare Struktur der Verzahnung von ehrenamtlichem Engagement, fachlicher Qualifikation und staatlicher Förderung für den Naturschutz. In Nordrhein-Westfalen existieren derzeit 43 Biologische Stationen, von denen 40 dem "Dachverband der Biologischen Stationen in NRW" angehören. Von den im Dachverband zusammengeschlossenen Stationen liegen allein 20 im westfälischen Landesanteil, also die Hälfte aller entsprechenden Einrichtungen (Abb. 1). Damit sind in fast allen Landkreisen bzw. kreisfreien Städten und damit fast flächendeckend Biologische Stationen vertreten.

Der "Dachverband der Biologischen Stationen in NRW" wurde am 18.06.2005 in Düsseldorf gegründet; er bündelt und vertritt die Interessen aller Mitgliedsstationen und leistet Unterstützung, insbesondere bei der Beantwortung überregionaler Fragen und Problemstellungen. Ein Hauptanliegen des Dachverbandes ist die Information der Öffentlichkeit über die Ziele und Tätigkeiten der Biologischen Stationen in NRW.

Abb. 1: Biologische Stationen in Westfalen (Entwurf: K.-H. Otto, Quellen: www.biostationen-nrw.org und eigene Erhebungen)

Geschichte und Finanzierung

Die Biologischen Stationen sind in den 1970er Jahren aus dem ehrenamtlichen Naturschutz hervorgegangen und stellen ein wichtiges Bindeglied zwischen dem amtlichen und dem ehrenamtlichen Naturschutz dar. Sie sind bei naturschutzfachlichen Fragen und Problemen Ansprechpartner sowohl für Behörden als auch für Privatpersonen. Grundlegendes Element der Biologischen Stationen ist die Unterstützung durch das Land NRW, die sowohl fördernd als auch richtungweisend erfolgt. Im Jahr 1990 wurde vom damaligen Umweltministerium ein Fachkonzept erstellt, das den Aufbau weiterer und die Finanzierung bestehender Stationen ermöglichte bzw. regelte.

Die Biologischen Stationen sind heute selbständige und gemeinnützige Vereine, die die Gelder zur Finanzierung ihrer Tätigkeiten selbst akquirieren. Den größten Anteil haben in der Regel die Mittel des Landes NRW sowie der jeweiligen Landkreise bzw. kreisfreien Städte. Die Rechtsgrundlage für die finanziellen Zuschüsse des Landes stellen die vom Ministerium für Umwelt- und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (MUNLV) NRW erlassenen "Förderrichtlinien Biologische Stationen NRW (FÖBS)" dar.

Darüber hinaus erhalten die Biologischen Stationen Finanzmittel von Stiftungen, den Landschaftsverbänden, Fördervereinen und privaten Auftraggebern. Eine weitere finanzielle Förderung steht im Zusammenhang mit der Umsetzung von EU-geförderten Großprojekten (u. a. im Rahmen von LIFE und/oder INTERREG).

Aufgaben der Biologischen Stationen

Die Förderrichtlinien formulieren für die Biologischen Stationen derzeit drei Aufgabenschwerpunkte (Schütz/Tenger 2009, S. 21 und www.biostationen-nrw.org):

1. Schutzgebietsbetreuung (Naturschutzgebiete, Natura 2000-Gebiete),
2. Vertragsnaturschutz (Einwerben, Beratung und fachliche Betreuung),
3. Natur- und umweltbezogene Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit im Sinne der Entwicklung und Förderung eines regionalen Profils.

1. Schutzgebietsbetreuung:
Mit Schutzgebieten sind in erster Linie Naturschutzgebiete gemeint, für die die untere Landschaftsbehörde Festsetzungen erlässt. Auch sind Nationalparke großflächige Schutzgebiete mit eigenen Regelungen. Zu den Gebieten, die von einer Biologischen Station betreut werden, gehören zudem die naturschutzfachlich wertvollen Areale der Nordrhein-Westfalen-Stiftung.

In den letzten Jahren helfen die Stationen dem Land NRW verstärkt bei der Erfüllung von EU-Berichtspflichten. Hierzu gehört etwa das Monitoring von Lebensraumtypen und Arten innerhalb und außerhalb von FFH-Gebieten (s. Beitrag Olthoff et al.), die Erfassung von §62-Biotopen, die Bewertung des Erhaltungszustandes der Gebiete sowie die Dokumentation durchgeführter Maßnahmen.
Abb. 2: Großer Brachvogel in den Feuchtwiesen "Ellewicker Feld" (Foto: Biologische Station Zwillbrock)

Ausgehend von der genauen Beobachtung, Erfassung und datentechnischen Sicherung der Tier- und Pflanzenbestände werden zunächst Ziele für die angestrebte Entwicklung in den Schutzgebieten formuliert: "Wo kann man für welche Tier- bzw. Pflanzenart oder für welches Artengefüge die vorherrschenden Bedingungen optimieren?", "Welche Landschaftspflegemaßnahmen (u. a. Wiesenmahd, Beweidung, Entfernung von Gehölzen, Offenhaltung von Gelände) sind in welchem Ausmaß und zu welchem Zeitpunkt sinnvoll und zweckmäßig?" etc. Die festgelegten Ziele sowie die Planung und Empfehlung verschiedener Maßnahmen werden von den Biologischen Stationen in der Regel in entsprechenden Pflege- und Entwicklungsplänen zusammengefasst und so beispielsweise kommunalen Planungsträgern zur Verfügung gestellt. Die praktische Umsetzung der Maßnahmen kann auch von den Biologischen Stationen selbst durchgeführt werden. Dabei tragen neben Zivildienstleistenden oftmals auch Praktikanten und ehrenamtliche Helfer zum Erhalt oder zur Entwicklung der angestrebten Biotopstruktur bei. Daneben existieren vielfach auch Kooperationen, bei denen die Biologischen Stationen die Umsetzung der Pflegeaufgaben organisieren und fachlich begleiten (u. a. mit land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, Schäfereien oder der Bundeswehr). Biologische Stationen können ebenfalls Empfehlungen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen aussprechen, die beispielsweise bei Baumaßnahmen zu leisten sind.

Besonders gefährdete heimische Tier- und Pflanzenarten (Rote Liste- Arten mit hohem Gefährdungsgrad, wie z. B. Laubfrosch, Fledermäuse, Ameisenbläuling, Lungenenzian, Knabenkraut, Weißstorch, Edelkrebs) können durch gezielte Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen in ihrem Bestand gefördert werden. Neben der erfolgreichen Reproduktion einer oder mehrerer Tier- oder Pflanzenart(en) steht beim Artenschutz immer auch der Aufbau bzw. Erhalt eines geeigneten Lebensraumes im Vordergrund. Wiederansiedlungsprojekte gehören ebenso zum Artenschutz wie die Wiederbelebung von Lebensräumen (z. B. Magerwiesen). Die Vielfalt derzeit bestehender Projekte ist fast unüberschaubar.

2. Vertragsnaturschutz:
Eine wichtige Aufgabe der Biologischen Stationen besteht darin, Landwirte als Partner im Naturschutz zu gewinnen. Dabei sollen die Stationen den landwirtschaftlichen Betrieben staatliche Fördergelder vermitteln, die sie als Anreiz für eine an Naturschutzinteressen ausgerichtete und dementsprechend veränderte Nutzung ihrer Flächen erhalten können. Zusätzlich sollen die Biologischen Stationen Landwirte beim ökologischen Landbau und in Umweltschutzfragen beraten sowie bei der Förderung der Regionalvermarktung unterstützen.

3. Natur- und umweltbezogene Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit im Sinne der Entwicklung und Förderung eines regionalen Profils:
Im Rahmen der UN-Dekade "Bildung für eine nachhaltige Entwicklung (BNE) 2005 bis 2014" hat die Landesregierung NRW den Aktionsplan "Zukunft Lernen" beschlossen. In diesem Aktionsplan wird die besondere Bedeutung der Bildungsarbeit in der außerschulischen Bildung und Umweltbildung hervorgehoben (MUNLV 2006, S. 11). Demnach sind auch die Biologischen Stationen wichtige Partner im Rahmen der BNE, weil sie vielfältige Aufgaben, z. B. im Rahmen der Besucherlenkung in Schutzgebieten oder bei der Information von Besuchern in Nationalparks und Naturschutzgebieten, wahrnehmen. Dabei wird vor allem auf die Vermittlung grundlegender biologischer/ökologischer und naturschutzfachlicher Kenntnisse Wert gelegt. Durch spezielle Veranstaltungen wie beispielsweise Vorträge, Seminare, Exkursionen und Studienfahrten erhalten die Besucher konkrete und differenzierte Einblicke in die Arbeit der Biologischen Stationen. Hauptzielgruppen sind vor allem Kindergärten und Schulen. Einige Stationen haben sich insbesondere auf umweltbezogene Bildungsangebote für Familien spezialisiert. Vielfältige Informationsbroschüren und Veröffentlichungen runden das breite Bildungsangebot der Biologischen Stationen ab.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2007, Aktualisierung 2014