Der Wettbewerb "Unser Dorf hat Zukunft": Teilnehmer und Erfolge in Westfalen
Ziele und Geschichte des Wettbewerbs
Angesichts von Landflucht und Städtewachstum in Deutschland vor allem auch während der "Wirtschaftswunderjahre" besann man sich auf die Notwendigkeit, die Attraktivität der Dörfer zu stärken. So wurde der Wettbewerb "Unser Dorf soll schöner werden" ins Leben gerufen und im Jahr 1961 zum ersten Mal auf Bundesebene ausgetragen. Seitdem haben sich außerordentlich viele Dörfer mit großem Ehrgeiz an dem alle drei Jahre stattfindenden Wettbewerb beteiligt.
In den 1980er Jahren wurde zunehmend deutlich, dass es für die Gemeinden zum Erreichen der eigentlichen Ziele nicht ausreichte, sich vor allem auf Blumenschmuck, Grünflächengestaltung und Verschönerungsaktionen zu konzentrieren, sondern dass die Zukunftsfähigkeit der Dörfer insgesamt sowie eine umfassende Verbesserung der dortigen Lebensqualität angestrebt werden sollte. 1998 wurde deshalb dem ursprünglichen Titel des Wettbewerbs der Zusatz "Unser Dorf hat Zukunft" hinzugefügt, seit 2007 ist Letzteres der alleinige Name.
Die Umbenennung ging einher mit einer inhaltlichen Neuausrichtung. Der Wettbewerb "Unser Dorf hat Zukunft" strebt nunmehr an, die Zukunftsperspektiven im ländlichen Raum vor allem durch nachhaltige Entwicklungen zu verbessern, wobei bürgerschaftliches Engagement ganz besonders wichtig ist. Die jetzigen Bewertungskriterien können auf der Basis der – für die Bewertungskommissionen des Landes Nordrhein-Westfalen entwickelten – Checklisten wie folgt zusammengefasst werden:
- Gesamtkonzeption der von der Bürgerschaft entwickelten Leitbilder, Entwicklungsstrategien, Konzepte und Pläne zur Dorfentwicklung (integrierte Entwicklungskonzepte unter Beachtung der demographischen Entwicklung; Einbeziehung aller Bürgerinnen und Bürger sowie der Vereine usw.),
- wirtschaftliche Entwicklungen und Initiativen (Aktivitäten zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Verbesserung der technischen Infrastruktur; flexible Lösungen zur Grundversorgung der Bewohner, neue Möglichkeiten für Mobilität usw.),
- soziales und kulturelles Leben (aktive und generationsübergreifende Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger am Gemeinschaftsleben; Integration von Neubürgern usw.),
- Baugestaltung und Entwicklung (Erhaltung, Pflege und Entwicklung der ortsbildprägenden Bausubstanz; sinnvolle Verbindung traditioneller und moderner Elemente und Beachtung der regional- und ortstypischen Bauformen und -materialien bei Neubauten; Gestaltung der Gemeinschaftseinrichtungen sowie der privaten und öffentlichen Frei- und Verkehrsflächen usw.),
- Grüngestaltung und Dorf in der Landschaft (harmonische Dorfgestaltung und vernetzende Einbindung des Dorfes in die Landschaft; Erhaltung, Pflege und Entwicklung charakteristischer Landschaftselemente, z.B. der Hecken, Feldgehölze, Teiche und Feuchtbiotope; Erhaltung, Gestaltung und Förderung vielfältiger naturnaher Lebensräume, einer vielfältigen Kulturlandschaft sowie der Artenvielfalt und der regionalund dorftypischen Tier- und Pflanzenwelt usw.).
Verfahren und Ergebnisse
Für die Durchführung des Wettbewerbs sind in Nordrhein-Westfalen das Umweltministerium und die Landwirtschaftskammer NRW zuständig. Teilnehmen können "geschlossene Gemeinden oder Gemeindeteile mit überwiegend dörflichem Charakter" mit bis zu 3.000 Einwohnern. Die Bewerber müssen sich in Nordrhein-Westfalen zunächst einer Vorauswahl auf Kreisebene stellen, in der die Teilnehmer am Landeswettbewerb ermittelt werden. Deren Sieger haben dann die Chance, in die Entscheidung auf Bundesebene zu kommen, die jeweils im darauf folgenden Jahr stattfindet. Dabei gilt ein bestimmter Zahlenschlüssel.
In den fünf Wettbewerbsrunden von 2002/2003 bis 2014/2015 haben sich im Landesteil Westfalen-Lippe insgesamt rund 2.700 Teilnehmer auf Kreisebene beworben, wobei die jährliche Bewerberzahl von 608 im Jahr 2002 auf 455 im Jahr 2014 gesunken ist. Insgesamt 153 Bewerber kamen im angegebenen Zeitraum in die Landesentscheide. Das Abschneiden bei den letzten Landes- und Bundesentscheiden ist der Tabelle 1 zu entnehmen. Hierbei werden nur die teilnehmenden Ortschaften aus Westfalen-Lippe berücksichtigt.
Neben den Gold-, Silber- und Bronzeplaketten, die es zu gewinnen gibt, vergeben bestimmte Institutionen noch Sonderpreise. Zu diesen Institutionen gehören u.a. die NRW-Stiftung Naturschutz, Heimatund Kulturpflege, der Landwirtschaftsverband, der LandFrauenverband, der Landesverband Gartenbau und die Energieagentur NRW. Auch bei den Sonderpreisen gab es für die Wettbewerbsteilnehmer aus Westfalen-Lippe zahlreiche Auszeichnungen.
Die regionale Verteilung der Ortschaften, die am Wettbewerb "Unser Dorf hat Zukunft" teilnehmen, ist innerhalb Westfalens sehr unterschiedlich. Eine Spitzenstellung bei der Teilnehmerzahl nimmt der Kreis Olpe ein, gefolgt vom Kreis Höxter sowie dem Hochsauerlandkreis. 2002 bis 2014 gab es für die Vorentscheidungen auf Kreisebene 561 Bewerbungen allein aus dem Kreis Olpe und jeweils über 400 aus dem Kreis Höxter und dem Hochsauerlandkreis, während es z.B. im Münsterland sehr viel weniger Bewerber gab. Dies liegt vor allem an der unterschiedlichen Siedlungsstruktur (s. Beitrag Henkel). Im Münsterland dominieren neben den Einzelhöfen in Streusiedlungslage und den Bauerschaften, die aber eben keine "geschlossenen" Gemeindeteile sind, vor allem Gemeinden und Gemeindeteile, die inzwischen häufig auf mehr als 3.000 Einwohner angewachsen sind. Kleine "geschlossene" Siedlungen mit Dorfcharakter gibt es dort nur relativ wenige. Ganz anders ist dies in vielen Teilen Ost- und Südwestfalens. So haben etwa im Kreis Höxter die Stadt Höxter außer der Kernstadt zwölf Ortsteile, Beverungen elf und Brakel 15. Im Hochsauerlandkreis gehören z.B. zur Kernstadt Brilon noch 16 Ortsteile, zu Meschede 52. Im Kreis Olpe umfasst beispielsweise die Stadt Lennestadt 43 Ortschaften, die Stadt Attendorn 56 Dörfer und Wohnplätze.
Eine weitere Auffälligkeit in der Entwicklung des Wettbewerbs ist die Tatsache, dass manche Dörfer bzw. Gemeindeteile sich nicht nur einmal, sondern im Laufe der Jahre mehrmals beteiligen. Auf diese Weise gewannen seit dem Jahr 2000 beispielsweise der Ort Helden (Stadt Attendorn) schon drei Silber- und zwei Bronzeplaketten sowie einen Sonderpreis, Kirchveischede (Stadt Lennestadt) zwei Silber- und zwei Bronzeplaketten sowie einen Sonderpreis usw. Es scheint sich außerdem die Vermutung von Frau Ministerpräsidentin Kraft zu bestätigen, die im Grußwort zur Ausschreibung des Landeswettbewerbs 2014/2015 auf "manche freundschaftliche Rivalität zwischen benachbarten Orten" hinwies.
Weiterführende Literatur/Quellen
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Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Hg.) (2014): 25. Bundeswettbewerb "Unser Dorf hat Zukunft" – Leitfaden. Berlin |
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MKULNV NRW Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (Hg.) (2013): Unser Dorf hat Zukunft. Ausschreibung des Landeswettbewerbs 2014/2015. Düsseldorf |
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www.bmel.de/DE/Laendliche-Raeume/BULE/Wettbewerbe/_texte/Dorfwettbewerb_Dossier.html |
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www.dorfwettbewerb.de |
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www.landwirtschaftskammer.de |
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www.lwl.org/LWL/Kultur/Westfalen_Regional/Siedlung/Siedlungsformen |
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www.umwelt.nrw.de |
Erstveröffentlichung 2016