Einbürgerungen ausländischer Personen in Westfalen
Im Jahr 2022 wurden laut dem Statistischen Landesamt IT.NRW in Westfalen insgesamt 17.649 bisherige ausländische Personen eingebürgert, sie wurden deutsche Staatsbürger/innen und bekamen damit die vollen entsprechenden Rechte. Gegenüber 2021 bedeutete diese Zahl eine Steigerung von 49%. Die meisten Einbürgerungen gab es 2022 in Dortmund (1.789), im Kreis Minden-Lübbecke (974) und im Kreis Unna (953). Die niedrigsten Zahlen verzeichneten die Stadt Bottrop (284) sowie die Kreise Olpe (274) und Höxter (159).
17.649 – diese Zahl erscheint zwar gering angesichts der 1,13 Mio. bzw. 1,28 Mio. Menschen nichtdeutscher Nationalität, die Ende 2021 bzw. Ende 2022 insgesamt in Westfalen lebten. Aber immerhin stehen hinter jedem einzelnen Einbürgerungsfall Anstrengungen sowohl auf Seiten der Personen, die sich um die deutsche Staatsangehörigkeit bemüht haben, als auch der Kommunen und Kreise, der haupt- und nebenamtlichen Helferinnen und Helfer, der Behörden, Institutionen, Vereine, Arbeitgeber, Schulen usw., die diese Menschen bei der Eingliederung unterstützt haben.
Einbürgerungsvoraussetzungen
Voraussetzungen für eine Einbürgerung sind bisher u. a.
- Kenntnisse der deutschen Sprache,
- selbstständige Sicherung des Lebensunterhalts,
- Kenntnisse bzgl. der deutschen Rechts- und Gesellschaftsordnung,
- juristische Unbescholtenheit,
- Bekenntnis und Loyalität zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung des deutschen Grundgesetzes,
- Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit.
Der letztgenannte Aspekt, der allerdings z.B. für Eingewanderte aus der EU nicht galt, sollte dazu beitragen, den ernsthaften Willen zur Einbürgerung in die Bundesrepublik Deutschland deutlich zu machen.
Bisher war eine Einbürgerung in der Regel nach acht Jahren möglich, bei besonderen Integrationsleistungen nach sechs Jahren. Im Januar 2024 wurden im Bundestag – mit 382 Ja-Stimmen, 234 Nein-Stimmen und bei 23 Enthaltungen – Zugangserleichterungen zur deutschen Staatsangehörigkeit beschlossen. Danach reicht in Zukunft bereits ein Aufenthalt in Deutschland von fünf bzw. drei Jahren aus. Auch beim Einbürgerungstest und in Bezug auf die Sprachkenntnisse soll es Erleichterungen geben sowie die Möglichkeit einer doppelten Staatsangehörigkeit (Deutscher Bundestag 2024).
Eingewanderte aus Syrien
Die eingangs erwähnte Steigerung der Einbürgerungszahlen von 2021 auf 2022 ist nicht nur auf die generelle Zunahme der Anzahl von Zugewanderten zurückzuführen, sondern wesentlich auch eine Folge speziell der außerordentlich hohen Flüchtlingszahlen vor dem Hintergrund des Krieges in Syrien. Insbesondere das Jahr 2015 stellte einen Höhepunkt dieser Migrationsbewegungen dar (s. Beitrag Wittkampf). Inzwischen gehören die Menschen aus Syrien überall in Westfalen zu den größten Nationalitätsgruppen der Eingewanderten. Laut IT.NRW-Ausländerstatistik stand diese Gruppe im Jahr 2022 in 13 der insgesamt 27 Kreise und kreisfreien Städte Westfalens zahlenmäßig auf Platz 2 der Herkunftsnationalitäten. In Bochum sowie in den Kreisen Steinfurt, Minden-Lübbecke und Paderborn nahmen Eingewanderte aus Syrien sogar den ersten Platz unter den größten Nationalitätengruppen der jeweils dort lebenden Ausländer ein.
Dies muss aber nicht zwangsläufig bedeuten, dass die Gesamtzahl der eingebürgerten Personen immer diesem Ausländer-Nationalitätenverhältnis entspricht. Die Motivation, eine Einbürgerung anzustreben und sich einbürgern zu lassen, ist vielmehr unterschiedlich stark ausgeprägt. Hier haben sich die Menschen aus Syrien besonders hervorgetan. Nicht nur bei den Einbürgerungen insgesamt, sondern speziell auch bei denjenigen, die schon bei unter acht Jahren Aufenthaltsdauer in Deutschland hier in NRW eingebürgert wurden, stehen sie mit großem Abstand an der Spitze. 2022 wurden landesweit insgesamt 14.081 Syrer und Syrerinnen eingebürgert, 11.155 davon vorzeitig. An zweiter Stelle folgten bei den vorzeitigen Einbürgerungen Menschen aus dem Irak (1.197 Personen) (IT.NRW 2024). Professor Dietrich Thränhardt, Migrationsexperte und Mitglied des Rates für Migration, nannte am 29.11.2022 im ZDF hierfür vor allem folgende Gründe:
- Syrien gehört zu jenen Staaten, "die eine Entlassung aus der Staatsbürgerschaft generell verbieten", sodass Syrer und Syrerinnen hierzulande keinen Ausbürgerungsnachweis benötigen.
- Flüchtlinge aus einem Kriegsland wie Syrien strebten eine Einbürgerung hier besonders an, "weil ihnen die Einbürgerung rechtliche Sicherheit bietet".
Die Einwandernden aus Syrien kamen insbesondere um das Jahr 2015 nach Deutschland. Sieben Jahre später, also 2022, beginnt sich dies deutlich in den Einbürgerungsstatistiken niederzuschlagen.
Teilräumliche Differenzierungen
Abbildung 1 zeigt die teilräumlichen Unterschiede bei der Entwicklung der Einbürgerungszahlen 2021 bis 2022. Den höchsten prozentualen Anstieg gab es im Kreis Coesfeld, wo sich die Zahl der Einbürgerungen von 154 (2021) um 182% auf 435 (2022) erhöhte. Im Kreis Coesfeld lag der Anteil der ausländischen Bevölkerung 2021 bei 8,3%, er war also relativ niedrig – verglichen etwa mit Dortmund, wo er 21,3% betrug (IT.NRW, eigene Berechnungen).
Generell lässt sich Folgendes sagen: Steigerungsquoten hängen immer von den Ausgangszahlen ab. Wenn es also in einem "kleinen" Kreis bisher jährlich z.B. 100 Einbürgerungen gibt, dann aber plötzlich, etwa nach einer Flüchtlingswelle, 200, so bedeutet dies eine Steigerung von 100%. In einem "größeren" Kreis mit ursprünglich z.B. 500 Einbürgerungen führen dagegen 100 zusätzliche nur zu einem Plus von 20%.
Hinzu kommen jedoch weitere Gründe für die unterschiedlichen Steigerungsquoten. Wichtig sind beispielsweise auch die personellen Kapazitäten der Behörden. So berichtete der WDR z.B. am 09.01.2023 von einer Demonstration vor dem Rathaus in Bochum, bei der dem Ausländeramt vorgeworfen wurde, bis zur Überreichung der Einbürgerungsurkunde vergingen in Bochum bis zu eineinhalb Jahre. Laut WDR habe die Stadt dies mit Personalmangel begründet. Anderswo dauere ein Verfahren nur drei bis sechs Monate.
Der Rückgang im Kreis Höxter ist ebenfalls mit personellen Engpässen zu begründen. Eine personelle Aufstockung hat aber inzwischen dazu beigetragen, dass – nach Auskunft der Kreisverwaltung Höxter – im Jahr 2023 ca. 360 Einbürgerungen erfolgen konnten – eine enorme Steigerung gegenüber den 159 im Jahr 2022.
Abbildung 2 zeigt die unterschiedlichen Einbürgerungsquoten, also die Einbürgerungen je 100 Personen nichtdeutscher Nationalität. Diese bewegten sich im Jahr 2022 zwischen 3,2 im Kreis Minden-Lübbecke und 0,6 in Bielefeld. Im Kreis Minden-Lübbecke konzentrierte sich ein großer Teil der eingebürgerten Personen auf die Stadt Bad Oeynhausen (IT.NRW). Viele von ihnen haben in den dortigen Einrichtungen des Gesundheitswesens Arbeit gefunden.
Die zweithöchste Quote innerhalb Westfalens wies (mit 2,5) der Kreis Paderborn auf. Hier ist es die Stadt Paderborn, wo sich die allermeisten Integrationsangebote des Kreises – und deshalb auch die meisten Einbürgerungen – konzentrierten. Schwerpunkte der kreisweit knapp 300 Maßnahmen betreffen dort die "interkulturelle Öffnung" und den "Übergang Schule – Beruf" (Kreis Paderborn 2023).
Weiterführende Literatur/Quellen
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BMI Bundesministerium des Innern und für Heimat (Hg.) (2023): Einbürgerung.
(https://www.bmi.bund.de/DE/themen/verfassung/staatsangehoerigkeit/einbuergerung/einbuergerung-node.html; abgerufen am 22.02.2024) -
Deutscher Bundestag (Hg.) (2024): Bundestag erleichtert Zugang zur deutschen Staatsangehörigkeit.
(https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2024/kw03-de-staatsangehoerigkeitsrecht-986286#:~:text=Die%20Abgeordneten%20des%20Deutschen%20Bundestages,Stimmen%20bei%2023%20Enthaltungen%20angenommen; abgerufen am 09.02.2024) -
IT.NRW Information und Technik Nordrhein-Westfalen (Hg.) (o.J.): Ausländische Bevölkerung nach Geschlecht und Staatsangehörigkeiten. (https://www.landesdatenbank.nrw.de/ldbnrw//online?operation=table&code=12521-02iz&bypass=true&levelindex=0&levelid=1707468361635; abgerufen am 09.02.2024)
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IT.NRW Information und Technik Nordrhein-Westfalen (Hg.) (o.J.): Einbürgerungen von Ausländern.
(https://www.landesdatenbank.nrw.de/ldbnrw//online?operation=table&code=12511-01i&bypass=true&levelindex=1&levelid=1707459335617; abgerufen am 09.02.2024) -
IT.NRW Information und Technik Nordrhein-Westfalen (Hg.) (2023): 2022 wurden in NRW so viele Personen eingebürgert wie seit 2003 nicht mehr. (Pressemitteilung vom 17.05.2023)
(https://www.it.nrw/de/2022-wurden-nrw-so-viele-personen-eingebuergert-wie-seit-2003-nicht-mehr-120803; abgerufen am 22.02.2024) -
IT.NRW Information und Technik Nordrhein-Westfalen (Hg.) (2024): NRW: Rund 43 Prozent der Einbürgerungen 2022 mit einer Aufenthaltsdauer von unter acht Jahren. (Pressemitteilung vom 01.02.2024)
(https://www.it.nrw/de/einbuergerungen-in-nrw#:~:text=D%C3%BCsseldorf%20(IT.NRW).,der%20h%C3%B6chste%20Wert%20seit%202003; abgerufen am 09.02.2024) -
Kreis Paderborn (Hg.) (2023): Jahresbericht der Bildungs- und Integrationsregion für das Kita- und Schuljahr 20222/23.
(https://www.bildungsregion-paderborn.de/biz-wAssets/docs/jahresbericht/JAHRESBERICHT-22_23-lang.pdf; abgerufen am 22.02.2024) -
Kreisverwaltung Höxter (2024): Telefonische Auskünfte, 08.02.2024
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Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen (Hg.) (o.J.): Einbürgerungsvoraussetzungen.
(https://www.mkjfgfi.nrw/einbuergerungsvoraussetzungen-02; abgerufen am 22.02.2024) -
Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen (Hg.) (o.J.): Integrationsmonitoring NRW – Zahlen, Daten, Analysen.
(https://www.integrationsmonitoring.nrw.de/integrationsberichterstattung_nrw/indikatoren/B_Rechtliche_Integration/B2_Einbuergerungsquoten/index.php; abgerufen am 22.02.2024) -
Sachverständigenrat für Integration und Migration (Hg.) (2022): Flüchtlinge als Neubürgerinnen und Neubürger. Das Potenzial der nächsten Jahre. Berlin
(https://www.svr-migration.de/wp-content/uploads/2023/01/SVR-Policy-Brief-2022-2_Fluechtlingseinbuergerung-8.pdf; abgerufen am 22.02.2024) -
WDR (09.01.2023): Demo gegen lange Wartezeiten im Bochumer Ausländeramt.
(https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/demo-gegen-zustaende-im-bochumer-auslaenderamt-100.html; abgerufen am 22.02.2024) -
ZDF (29.11.2022): Warum in Deutschland wenig eingebürgert wird.
(https://www.zdf.de/nachrichten/politik/einbuergerung-deutschland-reform-staatsbuergerschaft-100.html; abgerufen am 22.02.2024)
Erstveröffentlichung 2024