Barbara – das letzte Eisenerzbergwerk Deutschlands
Bei dem Bergbauunternehmen Barbara Erzbergbau GmbH mit Sitz in der ostwestfälischen Stadt Porta Westfalica (Stadtteil Nammen) handelt es sich um die Betreiberin des letzten aktiven deutschen Eisenerzbergwerkes, der Grube "Wohlverwahrt-Nammen".
Schon seit vielen Jahren wird hier allerdings der eisenschüssige Korallenoolith nicht mehr zur Eisengewinnung im Hochofen verwandt. Je nach Körnung werden heute Brechsande, Splitte sowie Schotter bis hin zu größeren Brocken hergestellt.
Die heutige Barbara Erzbergbau GmbH wurde 2003 im Rahmen einer Umwandlung aus der Barbara Rohstoffe GmbH ausgegliedert. Seit 2006 gehört das Unternehmen zur Ferdinand Wesling GmbH & Co. KG mit Hauptsitz im niedersächsischen Rehburg-Loccum. Haupttätigkeitsfelder von Wesling sind die Baustoff-Logistik, die Rohstoffgewinnung sowie die Betonwerkstein- und Fertigteilproduktion.
Die Anfänge
Im Jahr 1835 wurde das Eisensteinfeld "Wohlverwahrt" zwischen Hausberge/Porta Westfalica und der Ortschaft Kleinenbremen an den Mechaniker Johann Dinnendahl (Mülheim/Ruhr) verliehen. Mit einer Tagesförderung von 40 bis 50 Tonnen Eisenstein aus dem Wohlverwahrt-Flöz begann 1883 der kleine Betrieb "Gewerkschaft Wohlverwahrt". Drei Jahre später wurde ein tonnlägiger (= schräg verlaufender) Förderschacht zum Transport des Erzes fertiggestellt. Das Erz wurde im nahen Bückeburg auf Eisenbahnwaggons umgeladen und vor allem ins Ruhrgebiet geliefert (letztmalig 1995). 1889 folgte der Bau einer Grubenbahn von Kleinenbremen über Neesen zum Bahnhof Porta (im heutigen Stadtteil Hausberge), 1921 eine Kleinbahnstrecke von Kleinenbremen nach Minden.
Bis 1939 erfolgten weitere Ausbauten und Vergrößerungen, so eine Brech-, Sieb- und Bunkeranlage Wohlverwahrt sowie eine weitere Anlage dieser Art in Nammen.
Die Entwicklung nach 1945
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die "Vereinigte Stahlwerke AG" (kurz: VESTAG), ein in der Weimarer Zeit gegründetes Kartell zahlreicher Unternehmen aus der Erz-, Kohle- und Stahlbranche, als ehemaliger Rüstungskonzern zerschlagen und die Produktionsbetriebe durch Nachfolgeunternehmen übernommen. Als Holding für den Erzbergbau wurde am 18. März 1953 die Barbara Erzbergbau AG mit Sitz in Siegen, später Düsseldorf gegründet. Ihr unterstanden Bergverwaltungen in Mittel- und Süddeutschland und als Tochterunternehmen die Erzbergbau Porta-Damme AG. Später ging der Firmensitz nach Kleinenbremen.
In den 1960er Jahren wurden die meisten Eisenerzgruben des Unternehmens stillgelegt, da die Eisenhütten im Ruhrgebiet nach 1961 u.a. aus Kostengründen keine inländischen Erze mehr abnahmen. Nammen lieferte noch bis 1995 nach Bremen und Osnabrück.
Die Gruben Wohlverwahrt und Nammen wurden 1952 untertägig verbunden und firmierten im Anschluss unter der "Barbara Erzbergbau AG". Danach wurde ab 1954 die gesamte Erzförderung nach Nammen verlagert. Im Jahr 1957 wurde der Betrieb auf der Grube Wohlverwahrt ganz eingestellt, da die Erzförderung nicht mehr wirtschaftlich war.
1956 kam die Kalkstein- und Erzgewinnung im Tagebau hinzu. Am Kamm des Wesergebirges wurden und werden auch heute noch im Bereich der Wülpker Egge das Erz sowie der über und unter dem Erz liegende Kalkstein durch Bohren und Sprengen gewonnen. Im Jahr 1957 wurde die sog. Teilsohlenförderung auf gleislose Fahrzeuge umgestellt. Erstmals kam ein 5-Tonnen-Autoschütter und ein Schaufellader mit Raupenfahrwerk zum Einsatz, 1959 schon ein 10-Tonnen-Tiefladekipper. 1962 wurde die händische Bohrarbeit auf elektrohydraulische zweiarmige Bohrwagen umgestellt.
1963 wurde dann die Barbara Erzbergbau AG in die Barbara Erzbergbau GmbH umgewandelt. 1966 folgte die Fertigstellung der Einfahrt Mundloch Nammer Berg. Im Laufe der Jahre wurden die Lastkraftwagen größer und schwerer, von 20-Tonnen- (1964) über 25-Tonnen- (1968) auf nun 40-Tonnen-Lkw. Seit 1977 existiert hier eine mittlerweile 625 m lange Auffahrung als Rampe.
1988 wurde die ehemalige Betriebsabteilung Wohlverwahrt an die Besucher-Bergwerk Kleinenbremen GmbH verpachtet und fungiert seitdem als Besucher-Bergwerk & Museum Kleinenbremen gGmbH (s. Infokasten).
1989 wurde der Steinbruch Todenmann zugekauft und dort eine neue Versatzmischanlage in Betrieb genommen.
Um die Produktpalette zu erweitern, wurde 1995 die Brech- und Siebanlage Nammen umgebaut und 2002 die Grube Bergmannsglück (früher Todenmann) wieder in Betrieb genommen.
2008 wurde ein Anschlussgleis mit direktem Zugang zum Schienennetz und die Beladung von Zügen wieder in Betrieb genommen. Die Wiederaufnahme der Eisenerzgewinnung in der Grube Nammen (Victoriabaufelder) gelang dann 2009; seit 2018 wird im Ostfeld der Grube Wohlverwahrt-Nammen Eisenerz gewonnen. Die erzeugten Körnungen und Mineralgemische finden unter anderem in den Bereichen Straßen-, Tief- und Wasserbau, Garten- und Landschaftsbau sowie in der Beton- und Zementindustrie Verwendung.
Die Situation heute
Aktuell werden täglich zwischen 2.000 und 3.000 Tonnen Material ans Tageslicht gefahren und dann weiterverarbeitet. Die Zahl der Mitarbeitenden liegt nur noch bei rd. 60. Im Bergwerk wird das Material in Abbaukammern, die rund 9 m breit, ca. 15 bis 17 m hoch und bis zu 200 m lang sind, durch Bohren und Sprengen gelöst. Die Kammern sind durch den über 600 m langen Schrägstollen erschlossen, durch den das Erz mit Schwerlastkraftwagen in die übertägige Aufbereitungsanlage transportiert wird. Der Umsatz des Unternehmens liegt jährlich bei rund 10 Mio. Euro.
In Zeiten von Energiewende und Abkehr von fossilen Brennstoffen wird immer wieder die Aufgabe der Strom- bzw. Energiespeicherung erörtert. Seit 2012 liegt der Barbara Erzbergbau GmbH eine Machbarkeitsstudie vor, die den Bau eines untertägigen Pumpspeicherwerkes durchaus positiv beurteilt, allerdings wird das Projekt mangels Partner derzeit nicht weiter verfolgt.
Weiterführende Literatur/Quellen
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https://bergwerk-kleinenbremen.de
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https://de.wikipedia.org/wiki/Barbara_Erzbergbau
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https://www.barbara-erzbergbau.de
- https://www.fw-wesling.de/node/516
Erstveröffentlichung 2023