Evangelische Freikirchen in Westfalen

01.01.2007 Thomas Altevogt

Kategorie: Gesellschaft und Politik

Schlagworte: Westfalen · Religion · Freikirche

Inhalt

Was sind Evangelische Freikirchen?

Freikirchen, freikirchliche Gemeinden - wer sind sie? Was wollen sie? In einem Land, in dem man gewohnt ist, zwischen evangelisch und katholisch zu unterscheiden, klingen ihre Namen für manchen fremd. In Deutschland führen die Anfänge der Freikirchen zum Teil in die Zeit der Reformation zurück, andere entstanden um die Mitte des 19. Jh.s zur Zeit der Erweckungsbewegung. Freikirchen unterscheiden sich von anderen Kirchen nicht durch Sonderlehren - Grundlage ist allein die Bibel -, umfassen aber ein breites Spektrum evangelikaler Lehrmeinungen. Sie zeichnen sich vor allem durch ein bestimmtes Kirchen- und Gemeindeverständnis sowie durch ihren Frömmigkeitsstil aus. Freie und persönliche Entscheidung für den Glauben an Jesus Christus und ein verbindliches Leben in seiner Nachfolge sind besondere Anliegen. Rechtlich und organisatorisch vertreten die Freikirchen dem Staat gegenüber das Prinzip der Selbstfinanzierung und Selbstverwaltung und verzichten auf Besteuerung.

Evangelikale Gruppen in Westfalen

► Anskar-Kirche (www.anskar.de)
Geschichte: 1988 durch Wolfram Kopfermann in Hamburg gegründet.
Heutige Situation: Es bestehen Gründungsprojekte in Hagen, Siegen und Dortmund.

► Brüdergemeinden (www.bruederbewegung.de)
"Einer ist euer Lehrer, ihr alle aber seid Brüder" (Matthäus 23,8).
Geschichte: Als freikirchliche Erweckungsbewegung des 19. Jh.s entwickelte sie sich sowohl im angelsächsischen (J.N. Darby, G. Müller) als auch im deutschen (C. Brockhaus) Sprachraum. Einer der bekanntesten Gründer von "Versammlungen" im Sinne der Brüderbewegung war der Jurist Anton von Poseck, der in Düsseldorf und Wuppertal seit etwa 1851 Kreise von erweckten Gläubigen sammelte und Texte von Darby ins deutsche übersetzte.
Heutige Situation: Viele Spaltungen haben zu vielen unterschiedlich geprägten Brüdergemeinden geführt. In Westfalen bestehen deutliche Schwerpunkte am Südwestrand Westfalens und in Ostwestfalen-Lippe.
Abb. 1: Baptistentaufe (Foto: K.-D. Lehmann)

► Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (Baptisten) (www.baptisten.de)
"Wer da glaubt und getauft wird, der wird gerettet werden, ..." (Markus 16 Vers 16).
Geschichte: Entstanden 1608/09 in England und Amsterdam. Die erste Baptistengemeinde auf deutschem Boden entstand 1834, als sich der Kaufmann Johann Gerhard Oncken mit sechs Anhängern in Hamburg in der Elbe von einem baptistischen Theologen aus den USA taufen ließ. Von Hamburg aus breitete sich die Bewegung über ganz Europa aus.
Heutige Situation: In Westfalen - außer im Reg.-Bez. Münster - nahezu flächendeckend vertreten.

► Bund Freier evangelischer Gemeinden (BFeG) (www.feg.de)
Geschichte: Erste Gemeindegründung 1854 in Wuppertal-Elberfeld-Barmen durch Kaufmann Hermann Heinrich Grafe, dazu angeregt von der Freien evangelischen Gemeinde in Lyon (Frankreich).
Heutige Situation: Deutlicher Schwerpunkt am Südwestrand Westfalens.

► Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden (BFP) (www.bfp.de)
Geschichte: Die geistlichen Wurzeln der Pfingstgemeinden liegen in der Heiligungsbewegung des 19. Jh.s und in den pfingstlichen Aufbrüchen am Anfang des 20. Jahrhunderts. Durch die Wirren und Folgen des 2. Weltkrieges bedingt, erfolgte zum Ende der 1940er Jahre ein neues Suchen und Zusammenfinden von Pfingstgemeinden und ihrer Leiter. Daraus entstand als ein Spektrum der deutschen Pfingstbewegung im März 1954 die "Arbeitsgemeinschaft der Christengemeinden in Deutschland" (ACD).
Heutige Situation: In Westfalen kaum vertreten.

► Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden in Deutschland (AMG) (www.mennoniten.de)
Benannt nach dem Gründer Menno Simons (1496-1540) und Bund taufgesinnter Gemeinden (BTG) (www.btg-online.de)
Geschichte: Durch Auswanderung breiteten sich ab dem 18. Jh. die Täufer/Mennoniten von Westpreußen nach Russland und von Deutschland nach USA/Kanada aus. Die Mennoniten in Deutschland setzen sich heute aus Nachfahren der im 17. Jh. eingewanderten "Schweizer Brüder", aus den nordwestdeutschen Stadtgemeinden, westpreußischen Flüchtlingen von 1945, russländischen Aussiedlern von 1974 sowie aus Mitgliedern unterschiedlicher Herkunft aufgrund missionarischer Arbeit, insbesondere in den neuen Gemeinden, zusammen. Die älteren Mennonitengemeinden sind in der AMG zusammengefasst. Sie sind in Westfalen nur in Bielefeld und Gronau anzutreffen.
Heutige Situation der BTG-Gemeinden: Schwerpunkt im Regierungsbezirk Detmold.

Abb. 2: Freikirchliche Gemeinden in Westfalen (Entwurf: Th. Altevogt)

► Calvery Chapel (www.calvarychapelsiegen.de)
Geschichte: Der Beginn liegt in den späten 1960er Jahren in Siegen.
Heutige Situation: In Westfalen drei Gemeinden im Siegerland

► Die Heilsarmee (www.heilsarmee.de)
Geschichte: Gründer William Booth (1829-1912), aufgewachsen in Nottingham (England), wollte Verlorene mit Christus bekannt machen und ihnen auch zu einem menschenwürdigen Leben verhelfen. Diese "Ostlondoner-Christliche Mission", 1878 in "Heilsarmee" umbenannt, entwickelte ihre militärische Struktur aus organisatorischen Gründen. Rasche Ausbreitung weltweit, in Deutschland seit 1886.
Heutige Situation: In Bielefeld, Dortmund, Gelsenkirchen, Herne, Lüdenscheid und Siegen anzutreffen.

► Evangelische Brüder-Unität - Herrnhuter Brüdergemeine (www.ebu.de)
Geschichte: Gründung Herrenhuts (in Sachsen) durch Nikolaus Graf von Zinzendorf im Jahr 1722. Geistlicher "Vater" ist Jan Hus, der 1415 in Konstanz als Ketzer verbrannt wurde.
Heutige Situation: In Westfalen nur eine Gemeinde in Bielefeld.

► Evangelisch-methodistische Kirche (EmK) (www.emk.de)
Geschichte: Anfänge in England durch John Wesley um 1840. Bis 1850 bildeten sich in Deutschland Gemeinden an vier Stellen - Winnenden, Bremen, Bonladen (Württ.) und Rüßdorf (Sachsen) -, die im Laufe der Zeit von den bestehenden Kirchen ausgeschlossen wurden.
Heutige Situation: In Westfalen nur selten anzutreffen (14 Gemeinden).

► Freikirchlicher Bund der Gemeinde Gottes (www.fbgg.de)
Geschichte: Ab 1901 Gemeinden im Ruhrgebiet. 1907 wurde in Essen ein Missionsheim errichtet, in dem auch Prediger ausgebildet wurden.
Heutige Situation: In Westfalen nur in Bochum, Gronau, Lüdenscheid und Marl anzutreffen.

► Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten (STA) (www.adventisten.de)
Geschichte: Erste deutsche Adventistengemeinde 1875 in Wuppertal-Vohwinkel, 1889 Verlagshaus in Hamburg.
Heutige Situation: Besonders im ostwestfälischen Raum und am Westrand Westfalens anzutreffen.

► Jesus-Freaks (www.jesusfreaks.de)
Geschichte: Gegründet 1991 in Hamburg.
Heutige Situation: Gemeinden in Bochum, Dortmund, Ennepetal, Münster, Steinfurt, Burbach, Siegen und Bielefeld.

► Mülheimer Verband freikirchlich-evangelischer Gemeinden (MV) (www.muelheimer-verband.de)
Geschichte: Der Mülheimer Verband ist der älteste Pfingstverband Deutschlands und hat seine geschichtlichen Wurzeln in einem geistlichen Aufbruch, der im Jahr 1905 in Mülheim a.d. Ruhr begann und sich in anderen Regionen Deutschlands fortsetzte.
Heutige Situation: In Westfalen nur in Bielefeld, Datteln, Gelsenkirchen und Steinfurt anzutreffen.


Keinem Verband angeschlossene Gemeinden: In unserer heutigen pluralistischen und schnelllebigen Zeit ist es nicht verwunderlich, dass sich mehr und mehr Gemeinden keinem Verband anschließen und nur für sich existieren.

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Weiterführende Literatur/Quellen

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Erstveröffentlichung 2007