Westfalen ahoi! Die Sport- und Freizeitschifffahrt in einer Binnenregion

11.11.2019 Markus Wieneke

Kategorie: Wirtschaft

Schlagworte: Westfalen · Freizeit · Hafen · Schifffahrt

Inhalt

Wasserstraßen als Erholungsraum

Flüsse und Kanäle mit ihren angeschlossenen Häfen waren und sind wichtige Verkehrsadern für den Transport bzw. Umschlag von Gütern. Dies ist allerdings bei weitem nicht die einzige Aufgabe, die ihnen zuteil wird. Weitere Funktionen sind u.a. die Bereitstellung von Wasser für die öffentliche Trinkwasserversorgung, für die Industrie und die Landwirtschaft (Brauch-/Kühlwasser) sowie für die Energiegewinnung (Wasserkraftwerke).

Die Wasserstraßen spielen heute aber auch eine große Rolle als Freizeit- und Erholungsraum. Neben Aktivitäten wie z.B. Kanufahren, Rudern und Angeln erfreut sich hierbei vor allem die Branche der Sport- und Freizeitschifffahrt in den vergangenen Jahren einer wachsenden Beliebtheit.

Sport- und Freizeitschifffahrt in Deutschland

Laut dem Bundesverband Wassersportwirtschaft e.V. ist die wirtschaftliche Stimmung bei den Unternehmen, die in der Wassersportbranche tätig sind, derzeit sehr positiv – hierzu zählen neben Bootsherstellern u.a. auch Betriebe aus den Segmenten Dienstleistung, Ausrüstung und Charter. Dazu haben nicht zuletzt die vergangenen sechs Wachstumsjahre in Folge beigetragen (BVWW 2019a).

Geschätzte 370.000 Sportboote (Motor- und Segelboote bzw. -yachten) von deutschen Eignern gab es 2016 im gesamten Bundesgebiet (FVFS 2016, S. 3). Mittlerweile macht sich allerdings auch bei den Bootseignern der demographische Wandel bemerkbar – ablesbar am leichten Rückgang deren Zahl seit 2008 (von 504.000 auf 483.000) bei gleichzeitigem Anstieg des Durchschnittsalters (von 56 auf 60 Jahre) (ebd.). Dennoch lassen die generell hohe Nachfrage nach Booten und Yachten, der wachsende Charterboottourismus, die steigenden Ausbildungszahlen bei den Wassersportschulen, vor allem im Bereich Motorboot (Sportbootführerscheine Binnen und See), sowie die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (niedrige Arbeitslosigkeit, Inflation und Zinsniveau, Konsumfreudigkeit der Bevölkerung) knapp 80% der Unternehmen der Branche optimis­tisch in die Zukunft blicken – einer allgemeinen bundesweit nachlassenden Konjunktur zum Trotz (BVWW 2019 b).

Geschätzte 1 Mio. Segler sowie 1,2 Mio. Motorbootfahrer gibt es in Deutschland (WSA Minden 2018). Gesegelt wird vornehmlich auf größeren, freien Wasserflächen (Seen, Talsperren), auch auf dem Rhein. Kanäle hingegen werden von Seglern vornehmlich nur als Transitstrecken (mit gelegtem Mast) genutzt. Aufgrund der Enge dieser Gewässer ist das Segeln hier unattraktiv – und zudem i.d.R. verboten. Hier trifft man vornehmlich auf Motorboote. Die am stärksten befahrenen Reviere sind in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern zu finden. Gründe dafür sind u.a. eine attraktive und gut vernetze Gewässerlandschaft mit z.T. Nebenwasserstraßen, auf denen Güterverkehr praktisch keine Rolle mehr spielt, sowie die Nähe zur Metropole Berlin als "Quellmarkt" (BMWi 2016, S. 18).

Abb. 1: Marina Rünthe (Foto: © Hans Blossey 2015)

Reviere in Westfalen

Wenn auch Westfalen nicht die wassertouristische Bedeutung der zuvor genannten Regionen besitzt, so wird sich die positive bundesweite Entwicklung in der Sport- und Freizeitschifffahrt sicherlich auch hierzulande niedergeschlagen haben. Allerdings lassen sich aufgrund fehlender regionaler Statistiken hierzu keine konkreten Aussagen treffen. Berücksichtigt man aber die vorhandenen infrastrukturellen Gegebenheiten, so wird deutlich, dass auch Westfalen ein beachtliches Potenzial für die Sport- und Freizeitschifffahrt besitzt:

Immerhin gibt es hierzulande rd. 20 Seen und Talsperren, auf denen gesegelt wird; viele davon liegen im südlichen Landesteil (Abb. 2). Darüber hinaus ist Westfalen durchzogen von einem Gewässersystem, das aus insgesamt fünf Kanälen besteht (Abb. 2). Diese machen den Großteil des sog. westdeutschen Kanalnetzes aus, dem – als Verbindung zwischen West und Ost – "verkehrsreichsten und daher bedeutendsten künstlichen Wasserstraßennetz Europas" (WSV o. J.). Die Kanäle, allen voran der Dortmund-Ems-Kanal (DEK), sind das Revier der Motorbootfahrer. Auf dem DEK sind jährlich etliche tausend Yachten unterwegs; allein die Schleuse in Münster passierten im Jahr 2016 insgesamt 2.700 Sportboote (Ellerbrock 2017, S. 209). Entsprechend finden sich vor allem entlang des DEK, aber auch auf den übrigen westfälischen Wasserstraßen eine Vielzahl von Yachthäfen mit unterschiedlichen Serviceangeboten, darunter mit der Mitte der 1990er Jahre umgebauten Marina Rünthe (Bergkamen) am Datteln-Hamm-Kanal (DHK) der größte Sportboothafen Nordrhein-Westfalens (Abbn. 1 u. 2) (s. Beitrag Grothues; www.yachthafen-marina-ruenthe.de).

Abb. 2: Sport- und Freizeitschifffahrt in Westfalen: Reviere und Yachthäfen

Fazit / Ausblick

Die zurzeit ebenfalls am DHK entstehende "Wasserstadt Aden" mit geplanten Bootsanlegestellen sowie der vor wenigen Jahren u.a. als Segelrevier umgesetzte PHOENIX-See in Dortmund-Hörde (s. Beiträge Schulte-Derne u. Krajewski) verstärken als maritime Großprojekte den Eindruck, dass die Freizeitschifffahrt auch in der Binnenregion Westfalen (selbst im stadtplanerischen Kontext) momentan Rückenwind hat. Allerdings könnte sich dies im Zuge einer bundesweiten gesamtwirtschaftlichen Schwächephase ändern, zumal das Hobby "Boot" generell ein vergleichsweise kostspieliges Freizeitvergnügen ist.

Ungeachtet gesamt-ökonomischer Rahmenbedingungen werden zukünftige Entwicklungspotenziale bei der Sport- und Freizeitschifffahrt innerhalb Westfalens vor allem den hiesigen Wasserstraßen – und damit vornehmlich dem Segment "Motorboot" – attes­tiert (BMWi 2016, S. 86ff.). Die Potenziale für den Bereich "Segeln" werden allgemein vornehmlich für größere Reviere als "gut" bezeichnet (ebd., S. 41).

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Weiterführende Literatur/Quellen

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Erstveröffentlichung 2019