Gärten in Westfalen

01.01.2007 Udo Woltering

Inhalt

Die barocke Parkanlage Schloss Nordkirchen ist weithin bekannt und wird  von rd. 500000 Gästen im Jahr besucht. Aber wer kennt schon die vielschichtige Gartenanlage am Haus Welbergen in Ochtrup, den Landschaftspark mit seinen Rauminszenierungen von Gut Böckel in Rödinghausen oder den naturnahen Emsauenpark in Telgte?

Gärten und Parks sind in Westfalen-Lippe ein Kulturgut, das sich in der Bevölkerung einer immer größeren Wertschätzung erfreut. Neben den allseits bekannten "Highlights" gilt das Interesse dabei auch immer mehr Anlagen, über die nur wenig bekannt ist oder die fast vergessen sind.

Abb. 1: Brunnenanlage im Palaisgarten Detmold (Foto: LWL - H. Gerbaulet)

Erfassen und Dokumentieren

Das LWL - Amt für Landschafts- und Baukultur in Westfalen im Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) hat seit 1998 die Aufgabe übernommen, die Gärten und Parks in Westfalen-Lippe zu erfassen und zu dokumentieren.

Im Rahmen der Regionale 2000/Expo-Initiative-OWL, gefördert mit Mitteln des Landes, konnten 206 Gärten und Parks in Ostwestfalen-Lippe ermittelt und in einer umfangreichen Dokumentation vorgestellt werden.

Erfassungskriterien waren, wie auch in den folgenden Projekten, die Bedeutung für die Regionalgeschichte, die Zuordnung zu einem geschichtlich oder kulturell wichtigen Bauwerk, die Repräsentanz für die Geschichte der Gartenkunst und Landschaftskultur, die Erholungs- und Freizeitfunktion der Anlagen, die touristische Bedeutung, der vegetationskundliche und dendrologische Wert, die visuelle und ästhetische Attraktivität, die Eignung und Nutzung für kulturelle Veranstaltungen sowie die Bezüge zur umgebenden Landschaft.

Besonders reizvoll in Ostwestfalen-Lippe sind der landschaftlich geprägte Gräfliche Kurpark in Bad Driburg sowie der Kurpark in Bad Oeynhausen, der zwischen 1851 und 1853 nach Plänen von Josef Lenné angelegt wurde. Weitere interessante Parkanlagen sind der Palaisgarten in Detmold (Abb. 1) und der neobarocke Schlossgarten am Schloss Rheda sowie die 1994 wieder in Stand gesetzte barocke Anlage am Schloss Neuhaus in Paderborn.

An dem Projekt "Historische Gärten + Parks links und rechts der Ems" arbeitete das Westfälische Amt für Landschafts- und Baukultur im Rahmen der "Regionale 2004 links und rechts der Ems" (s. Beitrag Wolters) ebenfalls mit Mitteln des Landes NRW.

Abb. 2: Herbststimmung im Bagno am Schloss in Steinfurt-Burgsteinfurt (Foto: LWL - H. Kalle)

In den Kreisen Steinfurt und Warendorf sowie der Stadt Münster wurden 146 Gärten und Parkanlagen sowie einige erhaltenswerte Einzelelemente wie z.B. Tanzlinden identifiziert und  in die Objektliste aufgenommen.

Wichtige Parks und Gärten sind das Bagno am Schloss Steinfurt (Abb. 2), der Barockgarten am Haus Rüschhaus in Münster, das von 1826-1846 durch Annette von Droste Hülshoff bewohnt wurde sowie der Schlosspark in Münster mit dem 200-jährigen Botanischen Garten.

Zur Zeit werden im Rahmen des Projektes "Gartenreich(es) Westmünsterland" die Kreise Borken und Coesfeld bearbeitet. Herausragend sind hier neben dem Schlosspark Nordkirchen sicherlich der Tiergarten in Raesfeld oder der Inselpark in Gronau (ehemalige Landesgartenschau; s. Beitrag Teetz).

Finanziell unterstützt wird diese Untersuchung von den beiden Kreisen und vom Land NRW.

Im westfälischen Ruhrgebiet und im Kreis Recklinghausen hat der damalige Kommunalverband Ruhr schon vor Jahren eine detaillierte Erfassung durchgeführt, deren Ergebnisse in dem Buch "Vom Kaisergarten zum Revierpark" zusammengestellt wurden.

Abb. 3: Projekträume (farbig) in Westfalen-Lippe, in denen bisher die historischen Gärten und Parkanlagen erfasst wurden (Quelle: LWL - Westfälisches Amt für Landschafts- und Baukultur)

Öffentlichkeitsarbeit, Datenbank und Bücher

Die Ergebnisse der Untersuchungen wurden in einer Datenbank zusammengefasst und allen Kreisen, Städten und Gemeinden sowie der Öffentlichkeit unter www.gaerten-in-westfalen.de zur Verfügung gestellt.

Die Gartenreiseführer "Gartenreise" für Ostwestfalen-Lippe und "Parks + Gärten links und rechts der Ems" präsentieren außerdem die interessantesten und öffentlich zugänglichen Anlagen. In einem anspruchsvollen Bildband wird weiterhin ein repräsentativer Überblick über die Gartenkunst und Parkgestaltung entlang der Ems gegeben.

Seit 2002 werden im Rahmen von Gartenspaziergängen die Geschichte und die heute noch erkennbaren Gestaltmerkmale von Parkanlagen erläutert. Alle Gartenspaziergänge z.B. im Schlosspark Loburg, Ostbevern, durch die Klostergärten in Münster oder durch den Landschaftspark Rheder bei Brakel in Ostwestfalen-Lippe, fanden regen Zuspruch.

Höhepunkt im Regionale Jahr 2004 war die Veranstaltungsreihe "Gartenkünste" mit fünf Musikveranstaltungen, Gartenführungen und Kaffeeklatsch in Gärten und Parkanlagen. 2006 werden die Gartenspaziergänge fortgeführt.

Gartenmarketing und Beratung

Unter der Überschrift "Kleine Paradiese" wird das Projekt "Garten_Landschaft OstWestfalenLippe" seit einigen Jahren von der OWL - Marketing GmbH koordiniert und kontinuierlich zu einem kulturellen, bundesweit beachteten Markenzeichen entwickelt. Drei eigenständige Themenfelder werden hier zusammengeführt: die "Rauminszenierungen" bildender Kunst, das Literatur- und Musikfest "Wege durch das Land" sowie unter dem Motto "Neue »Alte« Gärten" die Restauration von kulturhistorisch wertvollen Gartenanlagen durch das Westfälische Amt für Landschafts- und Baukultur. Es berät private Eigentümer, Kommunen und andere Träger bei der Instandsetzung und Neugestaltung historischer Gärten und Parkanlagen. So konnten seit 2000 für 12 Anlagen konkrete Maßnahmen in einer Größenordnung von 2,3 Mio. Euro angestoßen bzw. gefördert werden. Auch im Münsterland war das Amt bei der Instandsetzung von verschiedenen Anlagen behilflich. Im historischen Tierpark Velen wurden 500000 Euro investiert.

Die unter Denkmalschutz stehenden Gärten und Parkanlagen werden vom Westfälischen Amt für Denkmalpflege betreut.

Um das touristische Potential der Gärten und Parks zu erschließen, sind für Westfalen-Lippe längerfristige Handlungsperspektiven erforderlich. So finden z.B. Gespräche mit den zuständigen Touristikverbänden statt, um die Internetseiten zu den Gärten touristisch nutzbar zu machen.

Weiter ist das Westfälische Amt für Landschafts- und Baukultur als Partner am EU-Projekt "European Garden Heritage Network" beteiligt, das sich zum Ziel gesetzt hat, die touristischen Angebote zu Gärten auf der Kooperationsebene Nordrhein-Westfalen, Nord-Frankreich, England, Belgien und Niederlande zu vernetzen. Das Amt hat hierzu jeweils eine Garten-Route der regionalen Identität für das Münsterland und für Ostwestfalen-Lippe entwickelt und zusätzlich noch Gärten für transnationale Themenrouten benannt (www.wege-zur-gartenkunst.de; s. Beitrag Woltering).

Wie geht's weiter?

Auch in der Zukunft will der LWL den kulturhistorischen Wert, der in den Gärten und Parkanlagen steckt, in den Regionen Westfalens herausarbeiten und für die Regionalentwicklung nutzbar machen. Schließlich sind sie ein Kulturgut, von dem jeder auf seine Art profitiert, d.h. ideell, kulturell oder wirtschaftlich, sei es als Besucher und Tourist, sei es als Kommune oder Region oder als Eigentümer der Anwesen und Gärten.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2007