Bottrop – InnovationCity Ruhr
Projektgebiet
Projektidee
Ein Großteil der in dem Projektgebiet befindlichen Gebäude sind alte Zechensiedlungen, Industriegebäude und Wohngebäude aus den 1970er und 1980er Jahren. Aufgrund der alten Gebäudestrukturen benötigen diese viel Heizenergie, was wiederum zu einem erhöhten Kohlendioxid-Ausstoß führt. Um den CO2-Ausstoß für das gesamte Gebiet zu verringern und die Kosten so gering wie möglich zu halten, sollen die betroffenen Gebäude systematisch saniert bzw. erneuert werden. Dies ist allerdings nur ein Teilprojekt von fast 100 geplanten Einzelprojekten, die innerhalb der 10-jährigen Laufzeit umgesetzt werden sollen. Die Maßnahmen und Einzelprojekte lassen sich den folgenden fünf Handlungsfeldern zuordnen (vgl. Hugot; Müller u. Tischler 2010):
1. Energieeffizienz und Energieeinsparung
Zur Verringerung des Energiebedarfs in Form von Strom und Wärme sollen die Wärmedämmungen der Gebäude erneuert werden, außerdem erfolgt eine Umstellung auf energiesparende Heizungssysteme. Des Weiteren soll der Einsatz sparsamer Elektrogeräte deutlich erhöht werden. Bisher wurden bereits rund 3.500 Haushalte mit sog. thermographischen Gebäudeaufnahmen energetisch überprüft, und ca. 500 Haushalte haben die Erstberatung im "Zentrum für Information und Beratung" in Anspruch genommen (vgl. InnovationCity Management GmbH 2012).
2. Klimaschonende Energieerzeugung
Dieses Handlungsfeld beinhaltet die Steigerung des Einsatzes erneuerbarer Energien und Technologien sowie die Reduzierung der Nutzung endlicher Energieträger wie Kohle, Öl und Gas. Erreicht werden soll dies u. a. durch Stromgewinnung aus Windenergie. Ein Beispiel dafür ist der bereits installierte Vertikaldreher zur Windkrafterzeugung im Pilotgebiet. Vertikaldreher sind effizienter als herkömmliche Windkrafträder. Sie benötigen weniger Platz, sind leiser und eignen sich somit zur Aufstellung in dichter besiedelten Räumen. Weitere geplante Alternativen zur Energiegewinnung von Strom und Wärme sind die Nutzung von Photovoltaikanlagen, Geo- und Solarthermie sowie die Nutzung des Biomassepotenzials durch Einrichtung von Biomasseheizkraftwerken.
3. Umweltfreundliche Mobilität
Planerisches Leitbild ist die "Stadt der kurzen Wege", also die Förderung der Nah-Mobilität durch die räumliche Nähe der Wohn- und Versorgungsbereiche. Zur Optimierung des öffentlichen Nahverkehrs sollen verstärkt Kraftfahrzeuge mit Elektro-, Wasserstoff- oder Hybridantrieb eingesetzt werden. Bisher fahren in Bottrop ein Wasserstoffbus und ein Dieselhybridbus im öffentlichen Nahverkehr, bis zum Jahr 2015 sollen ca. 500 Elektroautos hinzukommen. Außerdem hofft man, durch die Ausweitung von Fuß- und Radverkehrswegen bzw. durch die Vernetzung der Verkehrssysteme eine messbare Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs zu erreichen.
4. Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel
Im Rahmen des InnovationCity Ruhr- Projektes plant Bottrop die Schaffung von Retentionsräumen, um das Regenwasser effizienter nutzen zu können. Durch die Abkopplung von Regenwasser soll die Kanalisation entlastet werden. Außerdem erfolgt die Renaturierung und Offenlegung von Gewässerläufen, die das Regenwasser abführen. Des Weiteren strebt Bottrop eine Erhöhung der Gründächer bzw. Fassadenbegrünung an. Ziel ist es, bis zum Jahr 2020 mindestens 30% aller im Gebiet befindlichen Flachdächer zu begrünen.
5. Zukunftsfähige integrierte Stadtentwicklungs- und Umweltplanung
In Bottrop arbeiten Stadtentwickler und Umweltplaner seit Jahren zusammen. Es besteht eine ressortübergreifende Zusammenarbeit der öffentlichen Verwaltung zur Optimierung und Entwicklung von Handlungsstrategien. Durch diese Arbeitsweise ist es in Bottrop gelungen, unter Berücksichtigung ökologischer, ökonomischer und sozialer Belange, sozialraumorientierte Lösungsansätze zu entwickeln und umzusetzen. Mit Start der InnovationCity haben sich die Fachressorts zu einer Lenkungsgruppe zusammengeschlossen und steuern mit der Projektgesellschaft InnovationCity Management GmbH den Gesamtprozess.
Durchführung und Kosten
Um die Übertragbarkeit des Projektes für andere Städte zu gewährleisten, wird parallel zur Entwicklung des Masterplans auch ein Innovationshandbuch erarbeitet. Während der Masterplan eine Zusammenfassung sowie eine Priorisierung der geplanten Projekte mit Zeit- und Aufgabenplänen enthält, soll das Innovationshandbuch als ganzheitlicher Ansatz dienen. Da der Erfolg eines energieeffizienten Stadtumbaus von der Zusammenarbeit verschiedener Akteure und dem Zusammenwirken unterschiedlicher technischer, sozialer und wirtschaftlicher Aspekte abhängig ist, gibt das Innovationshandbuch eine Übersicht zu den Organisationsstrukturen, den Methoden, den Verfahren und den Arbeitsschritten zur Umsetzung konkreter Maßnahmen und Projekte (InnovationCity Management GmbH 2011c).
Eine kontinuierliche Fortschreibung sowie die Evaluierung der Projekte ist Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung der Maßnahmen.
Die wissenschaftliche Betreuung der Pilotregion leitet und koordiniert das Wuppertal Institut für Klimaforschung. Durch die Vielschichtigkeit des Projektes wurde zudem ein interdisziplinärer wissenschaftlicher Beirat gegründet, der in unterschiedlichen themenspezifischen Arbeitsgruppen die Entwicklung der InnovationCity Bottrop wissenschaftlich begleitet. Des Weiteren gründete sich eine interministerielle Arbeitsgruppe (IMAG), welche die Unterstützung durch Förderprogramme der Ministerien in Düsseldorf gewährleisten soll (Lampe 2011).
Die Gesamtkosten für das Projekt belaufen sich nach Schätzungen auf mindestens 2,7 Mrd. Euro (Tab. 1). Um dieses Mammutprojekt finanzieren zu können, bedarf es der Entwicklung verschiedener Finanzierungsmodelle. So wird einerseits auf die Eigenleistungen der privaten und gewerblichen Gebäudeeigentümer gesetzt, andererseits aber auch auf Finanzmittel aus Stadtteilprogrammen, Kapitalmarktmittel, Sonderprogramme der lokalen Finanzwirtschaft und verschiedene Programme des Landes, Bundes und der EU in Form von Darlehen oder Krediten.
Von den angesetzten Kosten sollen mehr als 80% von den Bewohnern bzw. Eigentümern und der Industrie getragen werden. Die EU, der Bund und das Land NRW sollen ca. 16% der Kosten übernehmen, die Stadt Bottrop investiert ca. 1,5% an Geldern in die Umsetzungsmaßnahmen. Um die Kosten für die Bewohner möglichst gering zu halten, strebt man eine systematische Sanierung kompletter Stadtteile an. Im März 2012 gab es daher eine Veranstaltung, bei der sich die Bürger über Möglichkeiten einer KfW-Förderung informieren konnten. Ein weiterer wichtiger Bestandteil zur Umsetzung der Maßnahmen ist außerdem die Beteiligung und das Zusammenführen aller Akteure. Beteiligungsformen wie Runde Tische, Informationsveranstaltungen etc. verbessern das Verständnis vom Sachverhalt und verringern wiederum mögliches Konfliktpotenzial. Denn nur gemeinsam kann das Ziel einer Reduzierung der CO2-Emissionen und damit eine Steigerung der Lebensqualität im Pilotgebiet erreicht werden. Es bleibt also abzuwarten, wie sich Bottrop in den nächsten Jahren entwickeln wird. Das Potenzial, Bottrop zur Modellstadt für Klimaschutz zu machen, ist jedenfalls vorhanden und muss kontinuierlich weiter entwickelt werden (InnovationCity Management GmbH 2011c).
Weiterführende Literatur/Quellen
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Drescher, B. (2011): InnovationCity Ruhr. Die Modellstadt Bottrop. (www.dnhk.org/fileadmin/ahk_niederlande/Downloads/Veranstaltungen/InnovationCity_Ruhr_Burkhard_Drescher.pdf) |
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Hugot, S., K. Müller und B. Tischler (2010): Antrag der Stadt Bottrop zur InnovationCity. 2. Antragsphase. (www.bottrop.de/microsite/ic/medien/bindata/Antrag_ICR_BOTTROP.pdf) |
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InnovationCity Management GmbH (Hg.) (2011a): InnovationCity Ruhr – Die Idee und die Ziele. (www.bottrop.de/microsite/ic/idee/Wettbewerb/Idee_und_Ziele.php) |
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InnovationCity Management GmbH (Hg.) (2011b): Blauer Himmel – Grüne Stadt. Die Klimastadt der Zukunft. (www.metropoleruhr.de/fileadmin/user_upload/metropoleruhr.de/Daten_Fakten/Informelle_Planung/Netzwerke_Kooperationen/Blauer_Himmel_Gruene_Stadt.pdf) |
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InnovationCity Management GmbH (Hg.) (2011c): InnovationCity Ruhr. Blauer Himmel – Grüne Stadt. Halbjahresbilanz 2011 (www.energieatlas.org/fileadmin/pdf_ea/ICR_Halbjahresbilanz2011_L05.pdf) |
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InnovationCity Management GmbH (Hg.) (2012): Newsletter. Frische Ideen für unser Klima. (www.bottrop.de/microsite/ic/medien/bindata/120302_ICR_NEWSLETTERl.pdf) |
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Lampe, P. (2011): InnovationCity Ruhr. Blauer Himmel – Grüne Stadt. (www.exzellenz.nrw.de/index.php?id=801&type=123&L=0&cHash=e4917f601d8347d22267d8243e6d405e&cluster=0&theme=0) |
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Recklinghauser Zeitung (2010): Wir machen's vor! (www.recklinghaeuser-zeitung.de/storage/med/pdf/242_icr-info-special-2010-10-21_Bottrop.pdf) |
Erstveröffentlichung 2012