Kinder in Einrichtungen der Kindertagesbetreuung

08.04.2019 Peter Wittkampf

Inhalt

Mehr als 90% aller Kinder unter 6 Jahren besuchen in Westfalen eine Einrichtung der Kindertagesbetreuung. Hierbei gibt es einerseits die Kindertageseinrichtungen (KiTa, früher: Kindergarten), die die überwiegende Mehrzahl aller Kinder aufnehmen. Außerdem gibt es die öffentlich geförderte Kindertagespflege, in der Tagesmütter bzw. auch Tagesväter sich um – häufig noch sehr kleine – Kinder kümmern, die in Gruppen von in der Regel bis zu fünf Kindern oftmals auch in besonders dafür ausgestatteten Privathäusern betreut werden. Beide Typen der Kindertagesbetreuung werden im Folgenden zusammengefasst.

In den entsprechenden Einrichtungen wurden in Westfalen am 1. März 2018 insgesamt 266.872 Kinder unter 6 Jahren betreut. Das waren fast 11% mehr als vier Jahre zuvor, am 1. März 2014.

Für diese Steigerung gibt es mehrere Gründe:

  • Zuwanderer aus dem Ausland haben vor allem 2015 und danach die Anzahl der Familien mit Kindern deutlich erhöht. Sie haben auch dazu beigetragen, dass das Jahr 2016 die höchste Geburtenrate seit 2000 aufwies.
  • Immer mehr junge Mütter streben nach der Geburt eines Kindes möglichst bald wieder in die Berufstätigkeit zurück. Dies hat u.a. zur Folge, dass gerade auch für Kinder unter 3 Jahren mehr Betreuungs- bzw. Pflegeplätze gebraucht und, falls vorhanden, in Anspruch genommen werden. Die Anzahl speziell der Unter-3-Jährigen in den Tageseinrichtungen stieg in Westfalen von 2014 bis 2018 um 32%.
  • Die Zahl der Großmütter, die die Betreuung der Enkelkinder übernehmen, sinkt. Dies liegt u.a. daran, dass sie selbst – in einem größeren Prozentsatz als früher – berufstätig sind.
Abb. 1: Kindertagesbetreuung in den Kreisen / kreisfreien Städten Westfalens (Stand: 01.03.2018) (Quelle: www.it.nrw.de, eigene Berechnungen)

Kinder unter 6 Jahren

Wenn man die jeweilige Zahl der Kinder unter 6 Jahren in den Betreuungseinrichtungen genau in Relation zur jeweiligen Einwohnerzahl der Teilregionen setzt, dann zeigt sich, dass in den wirtschaftlich sehr gut dastehenden Münsterlandkreisen, die ja z.B durch besonders niedrige Arbeitslosenquoten bekannt sind (s. Beitrag Wittkampf), auf 1.000 Einwohner deutlich mehr Kinder in Kindertagesbetreuung kommen als in wirtschaftsschwächeren Kreisen (Abb. 1). So beträgt die Ziffer z.B. im Kreis Coesfeld 37,0‰, im Kreis Borken 36,8‰ und im Kreis Steinfurt 36,5‰. Im Kreis Höxter beispielsweise kommen dagegen nur 27,9 Kinder in Betreuungseinrichtungen auf 1.000 Einwohner, in Herne 28,5.

Offensichtlich spielt hierbei auch die Bevölkerungs- bzw. die Altersstruktur eine Rolle: Die jüngeren Menschen, die aus strukturschwächeren Teilregionen abwandern und in strukturstärkere ziehen, sorgen für eine Disparität auch in Bezug auf die jeweilige Gesamtzahl der Kinder unter 6 Jahren. Dies ist gleichzeitig einer der Gründe dafür, dass die Steigerungsraten im Münsterland von 2014 bis 2018 besonders hoch sind. Während etwa im Kreis Coesfeld die Zahl der Kinder in Kindertagesbetreuung um 18,3% zunahm, betrug die Steigerungsrate im Kreis Höxter nur 1,3%. Dass dies für die KiTa-Planungen z.B. im Münsterland eine besondere Herausforderung darstellt, liegt auf der Hand.

Kinder unter 3 Jahren

Der Anteil der in den Einrichtungen betreuten "U 3"-Kinder nimmt immer mehr zu. Wenn man die Gesamtzahl aller Kinder bis zu 6 Jahren in Tagesbetreuung betrachtet, dann liegt der jeweilige Anteil der Unter-3-Jährigen in Münster (29,9%) sowie in den Kreisen Coesfeld und Steinfurt (28,5 bzw. 26,7%) am höchsten (Abb. 1). Am niedrigsten ist er in Hagen und Gelsenkirchen. Münster weist in dieser Hinsicht sicherlich nicht nur deshalb die deutlich höchsten Quoten auf, weil hier relaltiv viele Frauen mit besonderer Qualifizierung in ihren Berufen tätig bleiben wollen, sondern wohl auch deshalb, weil hier z.B. die Mieten besonders hoch sind und man nicht einfach auf ein Gehalt verzichten kann bzw. will (s. Beitrag Wittkampf).

Sehr aufschlussreich ist auch ein Blick speziell auf die zweijährigen Kinder. Wenn man nicht nach ihrem Anteil an der Gesamtzahl der Kinder in Tagesbetreuung fragt, sondern nach dem Anteil an allen Kindern dieser Altersgruppe (Abb. 1), also einschließlich jener, die nicht oder noch nicht in Tageseinrichtungen betreut werden, so ergeben sich wiederum die höchsten Quoten im Münsterland, außerdem noch im Hochsauerlandkreis. Mit jeweils über 70% sind die Anteile im Kreis Coesfeld und in Münster am höchsten. Die niedrigsten Quoten mit unter 50% weisen die Städte Gelsenkirchen, Hagen und Herne auf.

Mit großer Wahrscheinlichkeit hängt dies nicht nur mit der jeweiligen Beschäftigungsstruktur zusammen, sondern dürfte noch andere Ursachen haben. Sicherlich spielt auch die Verfügbarkeit von Betreuungs- bzw. Pflegeplätzen eine wichtige Rolle. Vielerorts reichen die bestehenden Einrichtungen und die in ihnen verfügbaren Plätze nicht aus.

Auch die jeweiligen Anteile der Menschen mit Migrationshintergrund in den Städten bzw. Kreisen können in diesem Zusammenhang von Bedeutung sein. Laut einer Studie des Bundesfamilienministeriums (2013, S. 26) nehmen nämlich Eltern mit Migrationshintergrund seltener eine Kindertagesbetreuung in Anspruch als Eltern ohne Migrationshintergrund. Und in den genannten Ruhrgebietsstädten machen die Menschen mit ausländischen Wurzeln einen relativ hohen Prozentsatz der Bevölkerung aus (s. Beitrag Wittkampf).

Abb. 2: Anteile von Kindern aus Familien mit Migrations- hintergrund in den Kreisen / kreisfreien Städten Westfalens in der Tagesbetreuung (Stand: 01.03.2018) (Quelle: www.it.nrw.de)

Kinder von Eltern mit Migrationshintergrund

Dennoch spiegelt sich der Zustrom von Migranten sehr deutlich auch bei den Anteilen wider, die deren Kinder inzwischen zahlenmäßig in den KiTas haben. In Gelsenkirchen etwa kamen am 01.03.2018 insgesamt 51,2% aller Kinder (bis 6 J.) in den Einrichtungen der Kindertagesbetreuung aus Familien, in denen mindestens ein Elternteil ausländischer Herkunft ist. In Bielefeld lag dieser Anteil bei 43,8%, im Kreis Coesfeld dagegen nur bei 10,9%, im Kreis Borken bei 17,4% (Abb. 2).

Häufig kommen diese Kinder aus Familien, in denen zu Hause vorrangig nicht Deutsch gesprochen wird. In Gelsenkirchen betrifft dies 43,3% aller in den Einrichtungen betreuten Kinder unter 6 Jahren, in Hagen 37,1%, in Bielefeld 36,7%. In den Kreisen Coesfeld und Höxter ist dies nur jeweils bei weniger als 12% der Kinder der Fall.

In manchen Städten führt der Zustrom von Zuwandererfamilien zu Verteilungs- und Unterbringungsproblemen auch in Bezug auf die KiTa-Kinder. In Hagen etwa sind, einem Bericht der "Westfalenpost" (24.03.2018) zu Folge, die Plätze in Tageseinrichtungen vor allem im Stadtbezirk Mitte knapp, da dort 67% aller Zuwandererkinder leben, während es beispielsweise im Stadtbezirk Haspe nur 14% und in Hohenlimburg 3% sind.

Kosten

Die Höhe der Elternbeiträge für die Betreuung ihrer Kinder ist sehr unterschiedlich. Die Kommunen können selbst über die Beitragshöhe und -staffelung entscheiden, in der Regel sind diese u.a. vom Alter der Kinder, der Wochenstundenzahl der Betreuung und vom Einkommen der Eltern abhängig. Aufgrund sozialpolitischer Erwägungen verzichten manche Kommunen bei einkommensschwachen Eltern ganz oder teilweise auf die Beiträge. So beträgt z.B. der Elternbeitrag für ein Kind unter 2 Jahren bei 45-stündiger Betreuung und einem Jahreseinkommen der Eltern von 20.000 Euro in Bottrop 0 Euro, in Recklinghausen 102 Euro. Eltern mit einem Einkommen von 40.000 Euro zahlen für ein Kind unter 2 Jahren und einer 25-stündigen Betreuung z.B. in Siegen 42 Euro, in Bottrop 173 Euro usw. (Bund der Steuerzahler NRW 2018).

Nachdem die Eltern in Nordrhein-Westfalen 2011 bereits für das letzte KiTa-Jahr vor der Einschulung ihrer Kinder von den Beiträgen befreit wurden, will die Landesregierung diese Regelung ab dem Sommer 2020 nun auch für das vorletzte KiTa-Jahr einführen.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2019