Kommunalwahl 2020 in NRW – Ergebnisse in den Städten und Gemeinden

15.02.2021 Meinolf Rohleder

Inhalt

Am 13. September 2020 fanden in allen 222 kreisangehörigen Städten und Gemeinden sowie den neun kreisfreien Städten Westfalens die Wahlen zu den Vertretungen (Räte) statt. In den kreisfreien Städten konnten die Bürger­innen und Bürger zudem über die Bezirksvertretungen abstimmen.

Wo es die Gemeindeordnung NRW gemäß § 27a (1) vorsah, wurden zudem Wahlen für die Integrationsräte angesetzt. Dies war westfalenweit in 51 Kommunen der Fall (NRW: 114). Zum ersten Mal dabei waren die Städte Bad Oeynhausen, Detmold, Dorsten und Schwelm.

Abb. 1: Wahlbeteiligung 2020 in ausgewählten Stadtbezirken (Quelle: Landeswahlleiter NRW 2021)

Wahlbeteiligungen und Parteipräferenzen

Für eine sachgerechte Einschätzung der Zusammensetzung der Räte soll zunächst die Wahlbeteiligung in den Kommunen betrachtet werden: Hier erreichte Münster mit 63,0% die höchste Quote aller kreisfreien Städte in NRW. Innerhalb Westfalens weisen eine Reihe von kreisangehörigen Kommunen sogar eine noch höhere Wahlbeteiligung auf, darunter die Gemeinden Heek (Kr. Borken, 75,9%), Marienmünster (Kr. Höxter, 71,3%) und Erndtebrück (Kr. Siegen-Wittgenstein, 70,1%). Damit sind die jeweils höchsten Quoten je Regierungsbezirk genannt.

Im Gegensatz dazu liegt die Stadt Lüdenscheid (Märkischer Kr.) mit lediglich 40,2% am unteren Ende.

Während CDU und SPD in allen 231 Kommunen mit Kandidieren­denlis­ten antraten, konnten die Grünen und die FDP nicht für alle kreisangehörigen Städte und Gemeinden eine parteigebundene Kandidatenliste aufstellen. Kaum verankert im ländlichen Raum ist die LINKE. Das gilt für weite Teile des Münsterlandes, für Ostwestfalen-Lippe und auch für das Sauerland. Im Hochsauerlandkreis war die Partei nur in vier von zwölf Kommunen vertreten. Nur in einem Viertel aller westfälischen Kommunen wurden Wahllisten der Linken aufgestellt – mit regionalem Schwerpunkt am Rand des Ruhrgebietes (Kr. Recklinghausen, Ennepe-Ruhr, Unna).

Insgesamt mehr als 200 kommunale Wahlvereinigungen traten bei der Kommunalwahl 2020 an. Im Vergleich zu den vorherigen Wahlen lassen sich die regionalen Präferenzen bei dieser Wahl jedoch nicht mehr so einfach abgrenzen (Abb. 2). Ursachen sind das Erstarken der Grünen als zweit- oder drittstärkste Kraft sowie die Bedeutungszunahme der kommunalen Wahlvereinigungen auf lokaler Ebene.

Beflügelt von ihrem Erfolg bei den Europawahlen 2019 (2,3% in NRW) kandidierte die "Satirepartei" Die PARTEI in sechs von neun kreisfreien Städten sowie in 24 kreisangehörigen Kommunen Westfalens. In vier davon erziehlte sie mindestens 5% – in Hattingen und Schmallenberg je 5,5%, in Holzwickede 5,0% und als Überraschung im lippischen Schlangen 13,5%.

Abb. 2: Kommunalwahl 2020: Mehrheiten und Rangfolge der Parteien in den Städten und Gemeinden Westfalens (Quelle: Landeswahlleiter NRW 2021)

Nichtwähler-Hochburgen

Im Zusammenhang mit der Bundestagswahl 2013 (s. Beitrag Rohleder) untersuchte die Bertelsmann-Stiftung in 28 deutschen Großstädten "Prekäre Stadtbezirke", in denen die Wahlbeteiligung extrem niedrig war. In Westfalen wurden u.a. Stadtteile von Gelsenkirchen und Münster untersucht. Die Ausgangsthese ging davon aus, dass die Höhe der Wahlbeteiligung vom sozialen Status eines Stadtteils bestimmt wird. Demnach befinden sich Nichtwähler-Hochburgen vor allem in den Gegenden, wo sog. sozial schwache Milieus (gekennzeichnet durch z.B. Arbeitslosigkeit, schlechte Wohnungssituation, niedriger Bildungsstatus) überdurchschnittlich stark vertreten sind.

Im Folgenden wird der Versuch unternommen, diese Überlegungen aufzugreifen und vier kreisfreie Städte im mittleren Ruhrgebiet, nämlich Bottrop, Gelsenkirchen, Bochum und Herne, auf der Ebene der Stadtbezirke anhand der Ergebnisse der Wahlen der Bezirksvertretungen 2020 zu vergleichen. Als fünfte kreisfreie Stadt wird Münster herangezogen. Damit werden sehr niedrige Wahlbeteiligungsquoten (Herne und Gelsenkirchen) der landesweit höchsten Beteiligung gegenübergestellt.

Insgesamt geraten 24 Stadtbezirke in den Blick (Abb. 1). Auffällig ist, dass die Spreizung innerhalb der Städte sehr groß ist – auch in Münster. Dort und in Gelsenkirchen sind 2020 die Stadtbezirke mit der jeweils niedrigs­ten Wahlbeteiligung dieselben wie bei der vergangenen Bundestagswahl 2013; in Gelsenkirchen ist es der Bezirk Mitte, in Münster der Bezirk Nord. Somit hat sich trotz einer vermutlich veränderten Wahlbevölkerung (aufgrund der Zeitspanne von sieben Jahren) der "soziale Status" beider Stadtbezirke offensichtlich nicht verbessert.

Die niedrigste Wahlbeteiligung der in Abbildung 1 aufgeführten Stadtbezirke wies 2020 die Stadt Herne mit dem Bezirk Wanne auf, in dem mit 34,6% nur etwas mehr als ein Drittel der Bürgerinnen und Bürger von ihrem Wahlrecht Gebrauch machten.

"Mit der sozialen Spaltung der Wahlbeteiligung schwindet die soziale Repräsentativität des Wahlergebnisses" (Bertelsmann-Stiftung 2013, S. 92). Die Kommunalwahl 2020 war daher in Gelsenkirchen und Herne, aber auch für den Stadtbezirk Müns­ter-Nord eine sozial prekäre Wahl. Gerade hier sind die demokratischen Parteien wie auch die Zivilgesellschaft aufgerufen, stärker als bisher den Bürgerinnen und Bürgern in authentischer und transparenter Weise zu begegnen.

Wahlen zu den Integrationsräten

In 51 westfälischen Kommunen fanden am Wahlsonntag auch die Wahlen zu den Integrationsräten statt. Integrationsräte sind gewählte Vertretungen für Bürgerinnen und Bürger, die aufgrund ihrer nichtdeutschen Staatsangehörigkeit in ihrer jeweiligen Kommune kein Wahlrecht besitzen. Die Integrationsräte liefern somit für diese Gruppe zumindest indirekt die Möglichkeit, sich in die lokalen Belange (z.B. bei den Themen Bildung, Arbeit, Kultur, Schutz vor Diskriminierung und Ausgrenzung) einzubringen. Allerdings haben Integrationsräte lediglich eine beratende Funktion, eigene politische Entscheidungen sind nicht möglich.

Zwei Drittel dieser Räte wurden am 13. September direkt gewählt. Da­rüber hinaus werden Vertreter aus dem Stadt- bzw. Gemeinderat entsandt. Diese stellen dann ein Drittel des Integrationsrates. Für die Integrationsräte dürfen übrigens neben den nichtdeutschen Bürgerinnen und Bürger auch Deutsche kandidieren.

Die Anzahl der Listen für die Integrationsräte in den Kommunen Westfalens variierte bei der Wahl 2020 enorm: In Bochum z.B. gab es sechs Listen, in Paderborn 13 und in Bielefeld sogar 24 (inkl. Einzelbewerber).

Die Wahlbeteiligung zum Integrationsrat in Bochum war 2020 mit 13,7% etwas schwächer als 2014 (14,1%), in Paderborn war sie mit 15,7% etwas höher (2014: 15,3%), Bielefeld kam 2020 auf eine Quote von 16,7% (2014: 12,6%).

Auffällig bei den genannten Beispielen ist die generell niedrige Wahlbeteiligung. Es scheint, als bestünde für eine höhere Akzeptanz dieses Gremiums in Zukunft noch weiterer Informations- bzw. Aufklärungsbedarf.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2021