Die Lippe und ihr Gewässereinzugsgebiet
Mit einer Gesamtlänge von 220 km, davon 193 km in Westfalen, ist die Lippe der längste Fluss in Westfalen. Sie trennt das Ostmünsterland vom Unteren Hellweg und das südwestliche Münsterland vom Ruhrgebiet. Die Nutzung als Transportweg geht zurück bis in die Römerzeit, in der die Lippe (lat. Lupia) als Schifffahrtsweg diente. In der Folgezeit diesbezüglich nur unwesentlich genutzt, wurden nach 1815 Pläne verwirklicht, um die Lippe von Wesel bis nach Lippstadt für damalige Frachtkähne schiffbar zu machen. Durch die Fertigstellung des parallel zur Lippe verlaufenden Wesel-Datteln-Kanals (1930) und des Datteln-Hamm-Kanals (1933) findet heute auf der Lippe kein Schiffsverkehr mehr statt.
Die Lippe mit ihrem Gewässereinzugsgebiet (4.888,7 km2) gehört zum Gewässersystem des Rheins (s. Beitrag Pohlmann) und ist somit ein Fließgewässer 2. Ordnung. Mit ihrer Hauptfließrichtung von Ost nach West entwässert sie über ihr Gewässereinzugsgebiet den zentralen Bereich Westfalens. Das Einzugsgebiet ist im Wesentlichen abgegrenzt durch den Teutoburger Wald und das Eggegebirge im Osten, durch den Südrand der Paderborner Hochfläche und der Briloner Hochfläche im Südosten, dem Haarstrang und dem Vest im Süden. Im Norden verläuft die Wasserscheide, von Wesel ausgehend, durch das westliche Münsterland hinauf zu den Baumbergen (s. Beitrag Göbel), um sich westlich von Münster nach Süden in Richtung Lippe fortzusetzen. Auf den Lipper Höhen nördlich von Werne wendet sie sich nach Osten, erweitert den Bereich bis zu den Beckumer Bergen, um über den Delbrücker Rücken den Kamm des südlichen Teutoburger Waldes zu erreichen (Abb. 1).
Quelle und oberes Gewässersystem
Die Lippe entspringt als Karstquelle in einem Quellteich (Auge Odins) inmitten des Kurortes Bad Lippspringe mit einer mittleren Quellschüttung von 0,74 m3/s (Abb. 2).
Besondere Fließgewässer-Situationen von oberhalb der Lippequelle entspringenden längeren Nebenbächen sind verantwortlich für kartographisch falsche Darstellungen bezüglich der Lage des Lippe-Ursprungs. Oft wird bei kartographischen Generalisierungen vorausgesetzt, dass der längste Quellfluss auch der Hauptfluss ist. Aufgrund der (meist) größeren Wasserführung behält die Lippe hier jedoch stets, trotz ihres z.T. wesentlich kürzeren Oberlaufs, ihren Namen.
Die Strothe, mit ihrem Ursprung auf 360 m ü. NHN (Lippe 139 m), weist bei ihrer Einmündung als Thune in die Lippe die doppelte Flusslänge auf, führt jedoch die weitaus geringere Abflussmenge. An einer Gabelung im Norden der Gemeinde Schlangen fließt von der Strothe über den Schlänger Bach/Thunebach/Jordan Wasser in die an der Einmündung erst ca. 1 km lange Lippe. Dabei mündet der Thunebach zuvor in den bis dahin nur ca. 20 m langen Jordan, dessen Karstquellen allerdings eine mittlere Schüttung von 0,3 m3/s aufweisen.
Während auch die Beke bei ihrer Einmündung in die Lippe zwar die rd. dreifache Länge hinter sich hat, führt sie aufgrund von Versickerungen im karstigen Untergrund oft nur sehr wenig Wasser (Abb. 1).
Dagegen bringt die nur rd. 4 km lange Pader dank ihrer üppig sprudelnden Karstquellen (ca. 3,5 m3/s) bei ihrer Mündung in Schloss Neuhaus mehr Wasser in die Lippe, als diese selbst bis dahin mit sich führt.
Die Alme, mit 59 km längster Nebenfluss der Lippe, entspringt nördlich von Brilon und mündet bei Schloss Neuhaus in die bis dahin nur 12 km lange Lippe. Trotz ihres weitaus größeren Einzugsgebietes (rd. 760 km2) mit relativ hohen Niederschlägen ist die mittlere Abflussmenge der Alme an der Mündung deutlich geringer als die der bis dahin durch kräftig sprudelnde Karstquellen gespeisten Lippe. Zudem verliert die Alme in ihrem mittleren Lauf zwischen Ahden und Borchen durch Versickerung im zerklüfteten Kalkstein der Paderborner Hochfläche eine beträchtliche Menge Wasser, sodass sie in dem Abschnitt zeitweise trockenfällt. Das versickerte Wasser kommt z.T. in Paderborn und Salzkotten wieder ans Tageslicht und wird dann über die Pader und Heder der Lippe zugeführt (Abb. 1).
Der weitere Verlauf bis Hamm
Als Bewässerungs- und Meliorationskanal zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Nutzung der Boker Heide wurde der bei Schloss Neuhaus von der Lippe abzweigende Boker-Heide-Kanal (ca. 32 km lang) 1853 in Betrieb genommen. Das über den Kanal abgezweigte Wasser fließt bei Lippstadt über die Glenne zur Lippe zurück. Der Oberlauf der Glenne ist der in der Senne entspringende Haustenbach, der z.T. nur wenige 100 m entfernt am Fuße des Delbrücker Rückens fließt, welcher wiederum hier die Wasserscheide zur Ems bildet (Abb. 1).
Ein östlich von Beckum als Maybach beginnendes Fließgewässer weist auf einer Länge von 18 km mit Liesebach, Mühlenbach und Rottbach eine Vielzahl von Namen auf, bevor es die Glenne östlich von Liesborn als Liese erreicht (Abb. 1).
Während in diesem Bereich der Verlauf der Wasserscheide 1. Ordnung zum Einzugsgebiet der Ems nur wenig Raum für weitere erwähnenswerte Lippe-Nebenbäche lässt, gelangt linksseits eine Vielzahl von Bächen zur Lippe. Diese fließen, bedingt durch die Abdachung des Haarstrangs, im Wesentlichen von Süd nach Nord, werden aus Karstquellen gespeist und sind aufgrund des karstigen Untergrundes nur zeitweilig wasserführend (z.T. Schledden genannt). Es sind die Gewässersysteme von Heder, Geseker Bach und Gieseler (Abb. 1).
Nordwestlich von Lippstadt führt die Wasserscheide als Begrenzung des Lippe-Einzugsgebietes bis an die Beckumer Berge heran. Die Quabbe mit ihren Nebenbächen entwässert hauptsächlich den südlichen Bereich der Beckumer Berge, die sich vom 160 m hohen Höxberg in rd. 8 km um fast 100 Höhenmeter bis zur Lippetalung absenken (Abb. 1).
Lippe-linksseitig nimmt die parallel fließende, fast 50 km lange und in Anröchte entspringende Ahse ihre vom Oberen Hellweg kommenden Nebenbäche auf, bevor sie bei Hamm die Lippe erreicht (Abb. 1).
Lippe und Lippewasser für die Schifffahrtskanäle in NRW
Sowohl der Wesel-Datteln-Kanal als auch der Datteln-Hamm-Kanal sind parallel zur Lippe gebaut. Sie nutzen somit wasserbautechnisch die orohydrographischen Vorteile der Lippe-Talung. Der Datteln-Hamm-Kanal ist außer für die Schifffahrt auch für die Wasserversorgung des gesamten angeschlossenen Kanalsystems von Bedeutung. Von der in Hamm auf rd. 58 m ü.NHN aufgestauten Lippe wird bei Bedarf Wasser in den nur wenige cm niedriger liegenden Kanal (Scheitellage des Kanalsystems) gelassen. Sollte die Abflussmenge der Lippe weniger als 10 m3/s betragen, wird unterhalb der Hammer Schleuse (die Wasseroberfläche der Lippe liegt hier wenige cm tiefer als die des Kanals) Wasser in die Lippe geleitet (s. Beitrag Pohlmann).
Die Lippe bis zur Mündung in den Rhein
Die bei Lünen mündende, ca. 32 km lange Seseke, einst ein offener Schmutzwasserkanal, wurde einschließlich ihrer Nebenbäche in den letzten Jahrzehnten durch Maßnahmen des Lippeverbandes in eine naturnahe Flusslandschaft verwandelt, während das Schmutzwasser in geschlossenen Kanälen zu vier Klärwerken geführt wird.
Der in die Seseke mündende Heerener Bach wird aus einem kleinräumigen Quellgebiet (Unna) mit ca. 25 Stauquellen und einer Schüttung von in der Summe 0,1– 0,2 m3/s gespeist.
Nordwestlich von Lünen befindet sich das über 900 km2 große Einzugsgebiet der Stever, welches bis in den südlichen Bereich der Baumberge reicht. Der mit 58 km zweitlängste Nebenfluss der Lippe gilt mit seinen Nebenbächen und den Wasserspeichern Hullerner und Halterner Stausee als Trinkwasserlieferant des Münsterlandes (Abb. 1; s. Beitrag Peterwitz).
Aufgrund von Bergsenkungen im Bereich Marl/Dorsten sind hier weitere natürliche Zuflüsse in die Lippe nicht möglich. Bedarfsweise gelangt das Wasser über Pumpstationen in den notwendigerweise eingedeichten Fluss, der hier anstatt tiefer nun höher als das Umland liegt.
Außer dem Hammbach, der bei Dorsten auf natürlichem Weg die Lippe erreicht, sind auf den verbleibenden 27 km der Lippe bis zu ihrer Mündung in den Rhein bei Wesel aufgrund des schmaler werdenden Einzugsbereichs keine weiteren bedeutenden Nebenbäche zu verzeichnen (Abb. 1).
Weiterführende Literatur/Quellen
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Feige, W. (1991): Karstgebiete in Südostwestfalen und ihr Formenschatz. In: Mayr, A. u. K. Temlitz (Hg.): Spieker, Band 35. Münster |
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Göbel, P. u. J. Messer (2014): Quellen in Westfalen. In: Geographische Kommission für Westfalen (Hg.): Geographisch-landeskundlicher Atlas von Westfalen, 17. Lieferung. Münster |
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Landesvermessungsamt Nordrhein-Westfalen (Hg.) (2001–2012): Kreiskarten NRW 1:50.000. Bonn |
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Müller-Wille, W. (Hg.) (1966): Bodenplastik und Naturräume Westfalens. Münster (= Spieker, Band 14) |
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Seraphim, E. Th. u. W. Müller-Wille (1991): Geomorphologie und Naturräume. In: Geographische Kommission für Westfalen (Hg.): Geographisch-landeskundlicher Atlas von Westfalen, 6. Lieferung. Münster |
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Wilhelm, F. (1976): Hydrologie/Glaziologie. In: Georg Westermann Verlag (Hg.): Das Geographische Seminar. Braunschweig |
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http://daten.flussgebiete.nrw.de |
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www.eglv.de |
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www.lanuv.nrw.de |
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www.lwl.org/LWL/Kultur/Westfalen_Regional/Naturraum/Baumberge |
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www.lwl.org/LWL/Kultur/Westfalen_Regional/Naturraum/Natuerliche_Fliessgewaesser |
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www.lwl.org/LWL/Kultur/Westfalen_Regional/Verkehr/Schifffahrtskanaele |
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www.lwl.org/LWL/Kultur/Westfalen_Regional/Wirtschaft/TalspHaltern |
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www.paderborner-land.de |
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www.tim-online.nrw.de |
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www.wassernetz-nrw.de |
Erstveröffentlichung 2016