Renaturierung von Mooren in Westfalen: Ziele und Bemühungen

21.01.2025 Peter Wittkampf

Kategorie: Naturraum

Schlagworte: Westfalen · Landschaft · Vegetation · Naturschutz · Renaturierung · Moor

Inhalt

Zu Anfang des 19. Jh.s gab es in West­falen knapp 19.700 ha Moore, davon rd. 6.400 ha Hochmoore (Otto 2007). Laut IT.NRW (2024) betrug die Gesamtfläche aller bestehenden Moore in Westfalen Ende 2023 nur noch insgesamt 1.068 ha.

Seit einiger Zeit bemüht man sich jedoch verstärkt, ehemalige Moorflächen zu renaturieren. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz in NRW (LANUV) stellte dazu 2024 das "Naturschutz-Fachkonzept zur Wiederherstellung von Mooren in Nordrhein-Westfalen" mit einer entsprechenden Potenzialanalyse vor.

Ehemalige Moorflächen als solche wiederherzustellen, ist oftmals schwierig: Viele dieser Areale wurden in der Vergangenheit zur Torfgewinnung genutzt und/oder sind gegenwärtig land- oder forstwirtschaftliche Nutzflächen. Deshalb bezog eine erste nordrhein-westfälische Moorschutzkonferenz am 21.11.2024 Vertreter der Landwirtschaftsverbände, des Waldbauernverbandes und der Landwirtschaftskammern mit ein, um sich beim Ziel der Moor-Renaturierung auch mit diesen Interessengruppen abzustimmen.

Zudem liegen relativ große noch bestehende Moorareale bzw. potenzielle Moor-Renaturierungsflächen im deutsch-niederländischen Grenzraum. Daher wurde u.a. für das Aamsveen auf niederländischer Seite und das zum Kreis Borken gehörende Hündfelder Moor am 16.09.2024 mit dem LIFE-Projekt "CrossBorderBog" auch die grenzüberschreitende Planung vorangetrieben.

Tab. 1: Westfalens größte FFH-Flächen mit renaturierungsfähigen degradierten Hochmooren (Quelle: LANUV NRW 2024)

Moortypen

Die Flächensumme, die im Naturschutz-Fachkonzept für die Rekultivierung von Mooren in Westfalen als Potenzialflächen errechnet und ausgewiesen wurde, beträgt 15.436 ha. Hiervon entfallen auf Hochmoore 2.191 ha, auf Nieder- und Übergangsmoore 12.881 ha und auf jene Flächen, die bisher noch keinem bestimmten Moortyp-Ziel zugeordnet sind, 364 ha.

Hochmoore entwickeln sich ohne Kontakt zum Grundwasser und wachsen nur durch Regenwasser über den Grundwasserspiegel empor.

Niedermoore entstehen z.B. in Senken, Mulden, Niederungen oder bei der Verlandung von Stillgewässern. Sie werden durch das Grundwasser gespeist. Wenn sie beispielsweise durch Moose, Seggen usw. nach oben wachsen, können sie sich – nach einem Übergangsstadium – zu Hochmooren entwickeln.

Zu den Nieder- und Übergangsmooren werden auch dystrophe Seen und Teiche, Torfmoor-Schlenken, Nass- und Feuchtgrünländer und Moor-, Sumpf- und Bruchwälder gezählt.

Da die Moorentwicklung normalerweise mit Niedermooren beginnt, ist in Westfalen auch die Hektarzahl der Flächen, auf denen Niedermoore renaturiert werden sollen, deutlich größer als die, auf denen sich wieder Hochmoore entwickeln sollen. In Westfalen gibt es zur Zeit nur noch wenige Hochmoorreste. Wenn sie unter Schutz stehen, etwa als FFH-Flächen, erleichtert das die Renaturierung. Die größten FFH-Flächen mit renaturierungsfähigen degradierten Hochmooren zeigt Tabelle1.

Gründe für die Bedeutung von Mooren

Drei Gründe sind es im Wesentlichen, die eine Moorrenaturierung als dringend geboten erscheinen lassen:

  1. Moore sind der Lebensraum für viele moorspezifische, z.T. stark gefährdete Pflanzen- und Tierarten. Intakte Moore sind somit für den Artenschutz und die Biodiversität besonders wichtig.
  2. Moore bilden einen sehr bedeutenden Kohlenstoffspeicher. Intakte Moore können durch Torfwachstum sogar zusätzlich CO2 aus der Atmosphäre binden. Umgekehrt emittieren entwässerte Moorflächen durch die Zersetzung von Torf erhebliche Mengen an Treibhausgasen.
  3. Natürliche und naturnahe Moore sind wichtig für den Wasserhaushalt sogar größerer Landschaften. Torfkörper können erhebliche Mengen an Wasser auch in Trocken­heitsphasen speichern. Gerade jetzt, wo Niederschlagsextreme durch den Klimawandel zunehmen, ist dies mehr und mehr von Bedeutung.
Abb. 1: Potenzialflächen zur Neuentwicklung und Wiederherstellung von Mooren (in ha) sowie angestrebte Hochmoor-Anteile an den gesamten Potenzialflächen (in %) in den Kreisen/kreisfreien Städten Westfalens (Quelle: eigene Berechnungen nach LANUV NRW 2024)

Räumliche Schwerpunkte

Abbildung 1 zeigt die Potenzialflächen zur Neuentwicklung bzw. Wiederherstellung von Mooren in den Kreisen und kreisfreien Städten Westfalens. Die größten Potenziale liegen in den Kreisen Minden-Lübbecke (4.384 ha), Steinfurt (2.118 ha) und Borken (1.933 ha).

Im flachen nordwestlichen Müns­terland hatten sich große Hochmoore entwickelt. Einigermaßen intakte Hochmoor-Restflächen gibt es dort aber nur noch wenige. Am ehesten kann man z.B. beim Recker Moor, beim Emsdettener Venn oder dem Hündfelder Moor wieder ansetzen, um langfristig die Hochmoor-Areale zu vergrößern.

Die Kreise Borken und Steinfurt weisen mit 49,9% bzw. 32,4% innerhalb Westfalens die höchsten Anteile auf, die bei den angestrebten Moor-Renaturierungsflächen speziell für die Hochmoorentwicklung vorgesehen sind (Abb. 1).

Im bewegteren Relief Ostwestfalens entwickelten sich dagegen zahlreiche Niedermoore. Dieser Moortyp dominiert daher auch bei den Renaturierungsbemühungen deutlich, während etwa im Kreis Minden-Lübbecke nur 10,7% und im Kreis Lippe 13,0% für die Wiederherstellung von Hochmooren vorgesehen sind. In allen anderen westfälischen Kreisen und Städten sind die für die Hochmoorentwicklung geeigneten Flächenanteile sehr gering oder gleich 0 (Abb. 1).

Im Kreis Minden-Lübbecke sind das Oppenweher Moor und das Große Torfmoor besonders hervorzuheben. Das Oppenweher Moor gehört zur Diepholzer Moorniederung und erstreckt sich bis nach Niedersachsen. 490 ha des insgesamt 870 ha großen Naturschutzgebietes gehören zu Nord­rhein-Westfalen, genauer zum Kreis Minden-Lübbecke bzw. zur Gemeinde Stemwede-Oppenwehe. Das Große Torfmoor liegt zwischen der Stadt Lübbecke und der Gemeinde Hille und gilt – mit 467 ha – als eines der größten Hochmoore Westfalens.

Ein bedeutendes Niedermoor ist mit einer Größe von rd. 60 ha das Alte Moor zwischen Espelkamp und Hille, ebenfalls im Kreis Minden-Lübbecke.

Im westlichen Münsterland, in der Nähe von Ahaus, Gronau und den Niederlanden, bilden das Amtsvenn, das sich auf niederländischer Seite als "Aamsveen" fortsetzt, und das Hündfelder Moor den Kern eines fast 900 ha großen Areals, in dem die alten Hochmoore noch in einigen Relikten erhalten sind. Dieses Gebiet steht nahezu vollständig unter Schutz.

Abb. 2: Ehemaliger Entwässerungsgraben im Venner Moor (Kr. Coesfeld) (Foto: P. Wittkampf)

Perspektiven und Probleme der Umsetzung

Um Moore wieder zu vernässen, müssen Grundlagenforschungen betrieben (vgl. Steinmann 2011), technische Herausforderungen bewältigt und auch mögliche Interessenkonflikte gelöst werden. Letztere können sich vor allem infolge von Wasserbaumaßnahmen und der Wiederanhebung des Grundwasserspiegels ergeben, auch mit direkt oder indirekt betroffenen Landwirten oder Waldbesitzern. Eventuell ist auf den Moor-Rückgewinnungsflächen die Beseitigung von Baumbewuchs und von Entwässerungsgräben nötig (Abb. 2).

Bei manchen Flächen ist es zweckmäßig oder sogar notwendig, dass z.B. das Land oder ein Landkreis sie kauft. Wenn die Areale bereits zu Schutzgebieten erklärt worden sind, kann dies die Durchführung der Vorhaben oftmals wesentlich erleichtern.

Bei vielen Maßnahmen fallen jedoch Kosten an. So wurden beispielsweise für das bereits genannte CrossBorderBog-Projekt 13 Mio. Euro bereitgestellt.

Nicht zuletzt muss man sich der Tatsache bewusst sein, dass die angestrebten Ziele voraussichtlich erst in einigen Jahren oder sogar Jahrzehnten erreicht werden.

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Weiterführende Literatur/Quellen

  • IT.NRW Information und Technik Nordrhein-Westfalen (Hg.) (2024): Bodenfläche nach Art der tatsächlichen Nutzung.
    (https://www.landesdatenbank.nrw.de/ldbnrw//online?operation=table&code=33111-03i&bypass=true&levelindex=0&levelid=1733918920850; abgerufen am 11.12.2024)

  • LANUV NRW Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (Hg.) (2024): Naturschutz – Fachkonzept zur Wiederherstellung von Mooren in Nordrhein-Westfalen. Potenzialanalyse. LANUV-Fachbericht 154.
    (https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuvpubl/3_fachberichte/LANUV-Fachbericht_154.pdf; abgerufen am 11.12.2024)

  • MUNV NRW Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (Hg.) (2024): Startschuss für deutsch-niederländische Initiative zur Moor-Renaturierung. (Pressemeldung vom 16.09.2024)
    (https://www.umwelt.nrw.de/startschuss-fuer-deutsch-niederlaendische-initiative-zur-moor-renaturierung; abgerufen am 16.01.2025)

  • MUNV NRW Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (Hg.) (2024): Moore als Kohlenstoffspeicher: Auftakt für landesweite Initiative. (Pressemeldung vom 21.11.2024)
    (https://www.umwelt.nrw.de/moore-als-kohlenstoffspeicher-auftakt-fuer-landesweite-initiative; abgerufen am 16.01.2025)

  • Otto, K.-H. (2007): Hochmoore in Westfalen.
    (https://www.westfalen-regional.de/de/hochmoore; abgerufen am 11.12.2024)

  • Steinmann, L. (2011): Strategien beim Schutz der Hochmoore – das Beispiel Venner Moor.
    (https://www.westfalen-regional.de/de/venner_moor; abgerufen am 11.12.2024)

  • https://biostation-ml.de/grosses-torfmoor

  • https://lifecrossborderbog.nl

  • https://www.nrw-stiftung-magazin.de/detail/moore-in-nrw

  • https://www.stadt-ahaus.de/de/aktuelles/meldungen/1173235.php

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Erstveröffentlichung 2025

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