Gewässerbildung und Systeme der natürlichen Fließgewässer in Westfalen

30.05.2016 Horst Pohlmann

Kategorie: Naturraum

Schlagworte: Westfalen · Hydrogeologie · Quelle · Gewässer · Grundwasser

Inhalt

Die Nordsee bzw. das IJsselmeer sind die "Auffangbecken" jeglichen aus Westfalen abfließenden Wassers. Westfalen (rd. 21.400 km2) wird hydrologisch unterteilt in die Gewässereinzugsgsgebiete der Flüsse Rhein, Weser und Ems (= Flüsse und Gewässereinzugsgebiete 1. Ord­nung).

Flüsse 1. Ordnung münden direkt in ein Meer, Flüsse 2. Ord­nung münden in einen Fluss 1. Ordnung usw.

Bei der Unterscheidung der na­türlichen Fließgewässer in die Kategorien Rinnsal, Bach und Fluss gibt es keine einheitlichen Kriterien. Zwei  gleichgroße, in unterschiedlichen Regionen gelegene Fließgewässer, können sowohl als Bach, aber auch als Fluss bezeichnet werden. Große, schiffbare Flüsse wie Rhein und Weser tragen die Bezeichnung Strom. Auch die Ems wird regional als "kleinster Strom Deutschlands" bezeichnet.

Abb. 1: Fließgewässer und Gewässereinzugsgebiete in Westfalen (Quelle: Geobasis NRW, eigener Entwurf)

Grund- und Oberflächenwasser

Als Quelle oder Quellgebiet zutage tretendes Grundwasser, welches sich, von infiltriertem bzw. versickertem Niederschlagswasser stammend, in Grundwasserkörpern sammelt, ist der Ursprung vieler Fließgewässer. Im weiteren Verlauf eines Baches/Flusses, dessen Rinne unterhalb des Grundwasserspiegels liegt, kann durch diffuses Aussickern weiteres Grundwasser hinzufließen.

Im Gegensatz zum Grundwasser gelangt das Oberflächenwasser auf natürlichen oder künstlichen Wegen in die talwärts größer werdenden Fließgewässer. Das kann un­terirdisch (z.B. durch Rohrleitungen) oder oberirdisch (z.B. durch Vorfluter) geschehen.

Die durchschnittliche Abflussmenge eines natürlichen Fließgewässers ist vor allem abhängig von der Größe des oberhalb gelegenen Ge­wässereinzugsgebietes, der dort an­fallenden Niederschlagsmenge, der Versickerung, der Oberflächen­ver­duns­tung, der Vegetation und künstlichen Entnahmen.

Gewässereinzugsgebiete jeglichen Ranges werden durch Wasserscheiden voneinander getrennt. Wasserscheiden bilden, im Gegensatz zu den Fließgewässern, die positiven Geripplinien einer Landschaft. Sie legen fest, welchem Ge­wässer­sys­tem das örtliche Niederschlagswasser aufgrund der Schwerkraft zugeführt wird. Grundwasserkörper, aus de­nen in Quellen Wasser zutage tritt, können dagegen wasserscheidenübergreifend sein.

Das Gewässereinzugsgebiet des Rheins (ca. 57% Westfalens)

Die Entwässerung zum Rhein, der selbst allerdings nicht in Westfalen fließt, geschieht größtenteils über Lippe (s. Beitrag Pohlmann) und Ruhr (s. Beitrag Pohlmann). Sie sind aufgrund ihrer Einzugsgebietsgrößen und der darin hohen Niederschlagsmengen die mengenmäßig bedeutends­ten "Wasserabführer" Westfalens.

Als wichtigs­ter "Zubringer" zur Ruhr verdient die Lenne als Fluss 3. Ordnung besondere Er­wähnung. Sie fließt auf einer Länge von ca. 130 km fast 730 Höhenmeter talwärts und entwässert den zentralen Bereich des Süderberglandes. Bedingt durch ihr vergleichsweise großes Gewässereinzugsgebiet und der darin relativ hohen Jahresniederschläge (1.100 bis 1.450 mm) weist sie bei ihrer Einmündung eine fast ebenso hohe durchschnittliche Abflussmenge wie die Ruhr auf und bildet das wohl engste und tiefste Flusstal in Westfalen.

Alle Gewässer Westfalens, die in Richtung IJsselmeer abfließen, werden ebenfalls zum Gewässersystem des Rheins gezählt. Die Vechte mit ihren wichtigsten Nebenflüssen Dinkel und Steinfurter Aa mündet zuvor bei Zwolle ins Zwarte Water. Ahauser Aa, Berkel und Issel fließen hauptsächlich westwärts und erreichen, z.T. unter veränderten Na­men, in den Niederlanden die Geldersche IJssel, die ein nordwärts fließender Mündungsarm des Rheins ist und bei Kampen in das IJsselmeer mündet (s. Beitrag Pohlmann).

Weitere nennenswerte Flüsse 2. Ordnung, die in Westfalen zum Ge­wässersys­tems des Rheins zählen, sind die zwischen Lippe und Ruhr fließende Emscher (s. Beitrag Wittkampf) sowie die im Rothaargebirge entspringenden Flüsse Sieg und Lahn, die in ihren Einzugsgebieten den südlichsten Bereich Westfalens entwässern (s. Beitrag Pohlmann).

Die Abgrenzung (Wasserscheide 1. Ordnung) des Gewässereinzugsgebietes des Rheins zum Einzugsgebiet der Ems bilden im nördlichen und im Kernmünsterland der Thieberg, die Altenberger Höhen und der südöstliche Bereich der Baumberge (s. Beitrag Göbel). Weiterhin sind es kaum sichtbare, flache Geländeschwellen, bevor im südlichen Münsterland die Lipper Höhen sowie ostwärts die Be­ckumer Berge erreicht werden. In Ostwestfalen bildet der Delbrücker Rücken eine enge Ab­grenzung zur nahe fließenden Ems. Nach Osten und Südosten gren­zen im Wesentlichen Egge- und Rothaargebirge zum Einzugsgebiet der Weser ab.

Das Gewässereinzugsgebiet der Weser (ca. 23% Westfalens)

Nur auf zwei voneinander getrennten Abschnitten, im äußersten Osten durch Westfalen fließend, deckt die Weser mit ihrem Einzugsgebiet den größten Teil von Ostwestfalen-Lippe ab, weiterhin Teile des nach Hessen abfallenden östlichen und südöstlichen Sauerlandes. Die Wasserscheide nach Westen, zu den benachbarten Einzugsgebieten von Ems und Rhein, bilden Teutoburger Wald und Eggegebirge, die Briloner Hochfläche sowie das Rothaargebirge (s. Beitrag Pohlmann).

Die wichtigsten westfälischen Nebenflüsse der Weser sind: Große Aue, Werre, Emmer, Nethe und Diemel. Das Wasser der unweit von Sieg- und Lahnquelle auf den Kammlagen des Rothaargebirges entspringenden Eder gelangt südlich von Kassel in die Fulda, neben der Werra der kürzere aber wasserreichere Quellfluss der Weser.

Als Fluss 3. Ordnung ist hier die im zentralen Bereich des Lipper Berglandes fließende Bega zu nennen. Sie verliert bei der Einmündung in die Werre ihren Namen, obwohl sie dort so­wohl die größere Flusslänge als auch den höheren mittleren Abfluss vorweisen kann.

Das Gewässereinzugsgebiet der Ems (ca. 20% Westfalens)

Das Einzugsgebiet der Ems umfasst den zentralen nördlichen Bereich Westfalens und ist zur Nordsee hin geöffnet. Im nördlichen Münsterland verläuft die Wasserscheide 1. Ordnung zum Einzugsgebiet des Rheins zunächst östlich der Baumberge. Nur die Müns­tersche Aa entwässert in diesem Bereich als nennenswertes Gewässer in die Ems. Im südlichen Müns­ter­land trennt die Wasserscheide die Be­reiche von Stever (zur Lippe) und Emmer (zur Werse), be­vor sie, dann nach Osten verlaufend, bei Ah­len-Dolberg bis auf 1,5 km an die Lippe heranführt. Über die Beckumer Berge und den Delbrücker Rücken sich fortsetzend, nä­hert sie sich in der Senne (s. Beitrag Seraphim) bis auf wenige 100 m der Emsquelle. Die nordöstliche Begrenzung zum Einzugsgebiet der Weser bilden bis zur Lan­des­gren­ze nach Niedersachsen die Kammlagen des Teutoburger Waldes.

Außer dem Axtbach hat die Ems bis Warendorf linksseitig keine bedeutenden Zuflüsse zu verzeichnen. Weiterhin mündet bei Münster mit der Werse ihr größter westfälischer Nebenfluss. Rechtsseitig fließen u.a. mit Dalke, Lutter, Hessel, Bever, Glane und Hemelter Bach zahlreiche Gewässer aus dem relativ niederschlagsreichen Luv des Teutoburger Waldes hinzu.

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Weiterführende Literatur/Quellen

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Erstveröffentlichung 2015, Aktualisierung 2016