Radtourismus im Sauerland

01.01.2009 Karin Robusch

Inhalt

Nicht nur flache Regionen, wie beispielsweise das Münsterland, sind für Fahrradfahrer anziehend (s. Beitrag Dropmann); auch gebirgige Gegenden wie die Eifel oder das Sauerland sind bevorzugte Ziele für Fahrradurlaube in NRW. Hier liegt das Sauerland mit vielen anderen Mittelgebirgsregionen im Mittelfeld der beliebtesten Fahrradreiseziele (Abb. 1).
Abb. 1: Bevorzugte Ziele für Fahrradurlaube in NRW 2007 (Quelle: Nordrhein-Westfalen Tourismus e.V. (2007): NRW-Radroutenplaner-Umfrage)
Laut ADFC-Radreiseanalyse 2008 benutzten 43,1% (20,86 Mio.) der deutschen Urlauber im Jahr 2007 das Fahrrad als Urlaubsaktivität. Im Vergleich zum Jahr 2006 (44,7%; 21,74 Mio.) hält der Fahrradtourismus damit ein hohes Niveau. Belegt wird dies zudem durch geschätzte fünf Milliarden Euro Umsatz pro Jahr durch den Radtourismus im gesamten Bundesgebiet.

Tourismus im Sauerland - viele assoziieren dies mit Wander- und Skisport. Der Skitourismus war und ist aber in der Region nie das größte Standbein gewesen, da er sich saisonal auf den Winter und räumlich auf einen nur kleinen Teil des Sauerlandes um Winterberg und Willingen beschränkt.

Wie wird der übrige Teil des Sauerlandes touristisch erschlossen? Welche Anreize werden dem Touristen außerhalb der Wintermonate geboten?

Der Fremdenverkehrsverband Sauerland-Tourismus e. V. setzt neben Angeboten rund um das Wandern seit einigen Jahren verstärkt auf das Fahrrad. Im Frühjahr 2001 wurde daher die "Bike Arena Sauerland" eröffnet, bei der es sich um ein ausgeschildertes Radwegenetz mit einer Länge von über 1.700 km und 34.000 Höhenmetern handelt, das durch 19 Gemeinden der Region führt (Abb. 2). Dieses Netz wurde nicht komplett neu entwickelt, sondern es bedient sich bestehender Radwege in der Region und verknüpft diese. Untergliedert wurde das Netz in Zusammenarbeit mit der Deutschen Sporthochschule Köln in leichte, mittelschwere  und schwere Strecken. Die Touren können im Internet unter www.bike-arena.de individuell zusammengestellt werden und sind für die GPS-gesteuerte Navigationstechnik aufbereitet. Aktuelle Informationen über Streckensperrungen oder Veranstaltungen sind ebenfalls online abrufbar.
Abb. 2: "Bike Arena Sauerland" (Quelle: Bike Arena Sauerland e. V.)

Zielgruppen

Durch die Klassifizierung der Strecken wird deutlich, dass sich das Angebot der "Bike Arena Sauerland" nicht nur an Radsportler oder Mountainbiker, sondern auch an Genussradler und Familien mit Kindern gleichermaßen wendet. Zusätzliche thematische Anreize bieten Routen wie die "Forellen-Tour" oder die "Zitronenfalter-Tour".

Aufgrund der natürlichen Gegebenheiten stellt sich die Frage, ob das "Land der tausend Berge", wie das Sauerland auch genannt wird, ausreichend Streckenpotenzial für die eher freizeit- als sportorientierten Zielgruppen bietet. Hierzu zeichnet sich ein deutlich positiver Trend ab, da Strecken wie der "SauerlandRadring", die "Lenne Route" oder der "RuhrtalRadweg" immer beliebter werden. Ein Beleg dafür ist die Auszeichnung des "RuhrtalRadweges" als Radroute des Jahres 2007 in NRW (s. Beitrag Steiner). Im April 2008 wurde - nur zwei Jahre nach der Eröffnung - der 150.000ste Be­sucher des "RuhrtalRadweges" gezählt.

Gründe für die Attraktivität von Flussrouten sind die geringen Steigungen, falls man die Flussrouten im Gebiet der Quelle bzw. des Oberlaufs beginnt, und die markanten, in das Radwegeverkehrsnetz NRW integrierten Beschilderungen. Der "SauerlandRadring" ist ebenfalls sehr steigungsarm, da er auf einer alten Bahnstrecke angelegt wurde. Alle diese Strecken sind innerhalb des Sauerlandes in das Streckennetz der "Bike Arena Sauerland" integriert.

Qualitätsbetrieb Bike Arena Sauerland

Ein zusätzliches Qualitätsmerkmal der "Bike Arena Sauerland" ist die Zertifizierung fahrradfreundlicher Betriebe, die als Beherbergungsbetriebe z. B. eine ab­schließbare Unterstellmöglichkeit für Räder, Reinigungsmöglichkeiten und einen Trockenraum für Kleidung aufweisen müssen. Diese 60, bis zum Jahr 2011 befristet zertifizierten Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe bilden ein Netz zur Sicherung der Qualität bezüglich eines bikerfreundlichen Services im Sauerland; die dreigliedrige Qualitätsstufung unterscheidet zwischen Standardbetrieben, die alle Grundkriterien erfüllen müssen, sowie den Komfort- und Spezialtippbetrieben. Letztere erfüllen zusätzlich zu den Grundsatzkriterien noch weitere Bedingungen, wie beispielsweise die Bereitstellung eines Ersatzteillagers für Fahrräder oder eines Gepäcktransfers zur nächsten Unterkunft.

Im Jahr 2007 führte die dwif-Consulting GmbH eine Untersuchung durch, die die wirtschaftlichen Effekte durch die "Bike Arena Sauerland" herausstellte: Sie erzielt demnach knapp 23 Mio. Euro Brutto-Wertschöpfung im Jahr. Profitierende Branchen sind das Gastgewerbe (15,42 Mio. Euro), der Einzelhandel (4,78 Mio. Euro) und der Dienstleistungssektor mit 2,54 Mio. Euro. Im Vergleich dazu erzielt die räumlich nah gelegene, etablierte Tourismusregion Rothaarsteig eine Brutto-Wertschöpfung von insgesamt 33 Mio. Euro.

Zu unterscheiden sind in der "Bike Arena Sauerland" die zahlreichen Ta­gesausflügler und die selteneren, aber wirtschaftlich relevanteren Übernachtungsgäste. Jährlich übernachten zwar nur 200.000 Touristen in der Region, diese haben jedoch Tagesausgaben von durchschnittlich 53,70 Euro pro Kopf, was einem Bruttojahresumsatz von 10,74 Mio. Euro entspricht. Nach der Studie der dwif-Consulting GmbH generieren die rund eine Mio. Tagesausflügler mit Tagesausgaben von je 12 Euro für die "Bike Arena Sauerland" nur vergleichsweise geringfügig höhere Gesamteinnahmen.

Das Einkommen der Region nach Abzug der Vorleistungen und Mehrwertsteuer aus dem Fahrradtourismus beträgt nach diesem Gutachten insgesamt 11,48 Mio. Euro und unterstreicht somit eine sehr positive Bilanz.

Umwelt-/sozialverträgliches Radeln

Trotz der im Vergleich zum Pkw weitaus günstigeren Ökobilanz bringt der Fahrradtourismus auch Umweltbelas­tungen mit sich, da z. B. die Anlage der (Wege-)Infrastruktur für Radfahrer zu Zerstörung bzw. Zerschneidungen von Lebensräumen für Fauna und Flora sowie zu Oberflächenversiegelungen führt. Mountainbikefahrer können auf der Suche nach "interessanten Stre­cken" Erosionsschäden durch die starke Belastung sensibler Vegetationsdecken anrichten. Um dergleichen zu minimieren, gibt die "Bike Arena Sauerland" den Mountainbikefahrern in Zusammenarbeit mit der "Deutschen-Initiative-Mountainbike" einen entsprechenden Verhaltenskodex an die Hand.

Die soziale Verträglichkeit des Fahrradtourismus ist im Gegensatz zum motorisierter Individualverkehr deutlich besser, da die einheimische Bevölkerung nur relativ geringen Belas­tungen durch Lärm, Abgase, Staus oder ähnlichem ausgesetzt wird. Zudem wird das Einkommen aus dem Tourismus aufgrund der Mobilität der Radfahrer auch in peripher gelegene Einrichtungen verteilt. Dennoch ist eine Gefahr der zeitlichen und räumlichen Konzentration von Touristen gegeben. So sind beispielsweise auf dem sehr beliebten "RuhrtalRadweg" gerade bei gutem Wetter sehr viele Fahrradtouristen anzutreffen.

Ausblick

Hinsichtlich überregionaler Radwege weist das Sauerland noch Entwicklungspotenziale auf, denn bis auf den "RuhrtalRadweg" führt kein Fernweg durch das Sauerland. Der Thüringer Wald z. B. verfügt als vergleichbare Mittelgebirgsregion hingegen über eine deutlich bessere Infrastruktur.

Die Deutschland-Tour, das be­deu­tendste Mehrtagesradrennen in Deutsch­land mit hochkarätiger internationaler Besetzung, führte 2008 erstmalig durch das Sauerland und bot für die Region die Möglichkeit, intensiv auf sich aufmerksam zu machen.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2009