Das Naturschutzgroßprojekt ''Senne und Teutoburger Wald''
Naturschutzgroßprojekte des Bundes
Senne und Teutoburger Wald
Senne und Teutoburger Wald sind zwei nah beieinander liegende Landschaftsräume mit ganz unterschiedlichen geologischen Ausgangsbedingungen und historischen Landnutzungsformen. Das enge räumliche Nebeneinander eines Tieflandgebietes mit extrem nährstoffarmen, saurem Sand (vor etwa 200.000 Jahren abgelagert; s. Beitrag Seraphim) und eines Mittelgebirges mit kalkhaltigem Festgestein (vor etwa 100 Mio. Jahren entstanden) bringt im Übergangsbereich der beiden Landschaften eine hohe Lebensraum- und Artenvielfalt hervor. Verstärkt wird dies durch die gegensätzlichen historischen Nutzungen: In der Senne dominierte jahrhundertelang die Heidebauernwirtschaft; der Teutoburger Wald ist schon lange Zeit ein wichtiges Waldgebiet für die Holzwirtschaft. Die räumliche Nähe zweier so gegensätzlicher Landschaften – im Projektgebiet gelangt man auf wenigen Metern vom Tiefland der Senne in die Mittelgebirgslandschaft des Teutoburger Waldes (Abb. 1) – ist bundesweit einzigartig. Diese Vielfalt soll durch das Naturschutzgroßprojekt erhalten, entwickelt und behutsam erlebbar gemacht werden.
Bisheriger Projektverlauf
Die Planerarbeitung verlief ohne große Konflikte. Dazu trugen neben der professionellen Moderation sicher auch die Aussagen des Trägers bei, dass es sich um ein freiwilliges Projekt handelt und dass die erbrachten ökologischen Leistungen von Grundeigentümern oder Bewirtschaftern finanziell ausgeglichen werden.
So konnte der Pflege- und Entwicklungsplan für das Naturschutzgroßprojekt Ende 2006 von der projektbegleitenden Arbeitsgruppe einvernehmlich verabschiedet werden. Der Naturpark wird die darin beschriebenen Maßnahmen in der Zeit bis zum Jahr 2017 umsetzen.
Das Projektgebiet
Förderung seltener Pflanzen und Tiere
Die Fördermittel des Naturschutzgroßprojektes sollen eingesetzt werden, um die Lebensmöglichkeiten seltener und gefährdeter Pflanzen und Tiere zu verbessern. Stellvertretend für viele andere Arten sollen besonders bestimmte "Zielarten" gefördert werden, die charakteristisch für bestimmte Lebensräume sind. In der Regel handelt es sich um gefährdete Arten, die mit einem vertretbaren Aufwand nachzuweisen und leicht zu bestimmen sind. Beispielhaft sind in Tab. 1 die Vogelarten aufgeführt, welche als Zielarten für das Projekt dienen sollen.
Auch in den anderen Tiergruppen und unter den Pflanzen gibt es weitere wichtige Zielarten für das Projekt. Besonders hervorzuheben ist die Zauneidechse als Zielart für gut strukturierte, offene Flächen im Grenzbereich zum Wald, die im Projektgebiet teilweise sehr hohe Siedlungsdichten erreicht.
Zielkonzept
Das Zielkonzept sieht in dem Bereich des Teutoburger Waldes sowohl eine natürliche Waldentwicklung ohne forstliche Nutzung als auch die Entwicklung naturnaher Wälder mit lebensraumtypischer Baumartenzusammen-setzung vor (Rotbuche und ihre Begleitbaumarten).
Im Bereich der Senne sollen vor allem die Lebensmöglichkeiten für seltene Pflanzen und Tiere der Heidelandschaft (Abb. 3) verbessert werden. Diese Arten können gefördert werden, indem z. B. die vorhandenen Heiden und Magerrasen vergrößert und miteinander vernetzt oder die Wälder so licht gestaltet werden, dass auch Arten des Offenlandes hier Lebensmöglichkeiten finden. Dies bedeutet aber, dass in den Waldbereichen nicht die Rotbuche gefördert werden kann, da sie sehr dunkle Wälder bildet. Eine hohe Lichteinstrahlung und eine gute Wärmezufuhr auf den Boden wird in Waldbeständen erreicht, die von Lichtbaumarten aufgebaut sind, z. B. von der Stiel-Eiche (Quercus robur), der Sand-Birke (Betula pendula) und der Eberesche (Sorbus aucuparia).
Lichte Waldstrukturen zur Förderung licht- und wärmeliebender Arten können durch forstliche Maßnahmen und durch Beweidung geschaffen werden. Während Nadelhölzer relativ leicht zurückgedrängt werden können (sie brauchen in der Regel nur einmal oberirdisch abgesägt zu werden), treiben Laubhölzer nach einem Schnitt mehr oder weniger kräftig wieder aus und sind daher nur in Verbindung mit anderen Maßnahmen zurückzudrängen. Eine Beweidung von Waldbereichen, in denen lichte Waldstrukturen entwickelt werden sollen, ist daher eine sinnvolle Ergänzung zu mechanischen Bewirtschaftungs- und Pflegemaßnahmen.
Auf eine Pflanze muss in diesen Wäldern besonders geachtet werden: die Spätblühende Traubenkirsche (Prunus serotina). Dieses konkurrenzkräftige, aus Nordamerika stammende Gehölz wird auf trockenen Sandböden zunehmend zu einem Problem für den Naturschutz und die Forstwirtschaft, da in ihrem Unterwuchs kaum andere Pflanzen wachsen können. Durch die Kombination von forstlichen Maßnahmen mit einer Beweidung soll diese Problemart zurückgedrängt werden.
Die Beweidung im Projektgebiet soll vorwiegend in Koppelhaltung erfolgen, da eine klassische Hütehaltung auf Grund des hohen Waldanteiles problematisch ist. Bei der Koppelhaltung ist es außerdem möglich, den Einfluss der Weidetiere auf die Vegetation über die Besatzstärke sowie den Zeitpunkt und die Dauer der Beweidung zu steuern. Als Weidetiere kommen Rinder und Pferde in Frage. Die Besatzdichten sollen erst im Laufe des Projektes herausgefunden werden.
Weiterhin sollen im Naturschutzgroßprojekt Gewässer renaturiert sowie Acker- und Grünlandflächen extensiviert werden.
Gefördert wird das Projekt vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie vom Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch die Bezirksregierung Detmold. An der Finanzierung des Eigenanteils des Projektträgers beteiligen sich die Nordrhein-Westfalen-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege, der Kreis Lippe sowie die Städte Detmold, Lage, Oerlinghausen und die Gemeinde Augustdorf.
Weiterführende Literatur/Quellen
• | Naturschutzzentrum Senne (Hg.) (2008): Senne und Teutoburger Wald. Bielefeld | |
• | www.naturpark-teutoburgerwald.de | |
• | www.ngp-senne.de |
Erstveröffentlichung 2009, Aktualisierung 2010