Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Westfalen

08.11.2017 Peter Wittkampf

Kategorie: Wirtschaft

Schlagworte: Westfalen · Didaktische Hinweise · Arbeitsmarkt

Inhalt

Wie es der Begriff schon aussagt, sind sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (SvB) im Wesentlichen all jene Arbeitnehmer/-innen, die kranken-, renten- und pflegeversicherungspflichtig sind. Beamte, Selbstständige, mithelfende Familienangehörige und ausschließlich geringfügig Beschäftigte gehören nicht dazu.

In Westfalen gab es am 31.12.2015 insgesamt 2,94 Mio. sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Gegenüber dem 31.12.2011, also in einem Zeitraum von vier Jahren, bedeutete dies einen Anstieg von 7,3%. Alle Kreise und kreisfreien Städte Westfalens bis auf Herne, wo es in diesem Vierjahreszeitraum einen leichten Rückgang gab, waren an diesem Aufschwung beteiligt. Allerdings waren die Steigerungsraten in den Teilräumen durchaus unterschiedlich (Abb. 1). Den größten Anstieg der SvB-Zahlen verzeichnete als Teilregion das wirtschaftlich besonders prosperierende Münsterland. Dort lag die Steigerungsrate im Kreis Coesfeld, der ja auch die niedrigste Arbeitslosenquote aufweist, mit 13,4% am höchsten. Sehr positiv (+12,9%) entwickelte sich auch der Kreis Gütersloh. Hier – wie auch in Südwestfalen – sorgte insbesondere das verarbeitende Gewerbe (s. Beitrag Wittkampf), also vor allem die in der Regel mittelständisch geprägte, auch international erfolgreiche Industrie für einen deutlichen Aufschwung, während einige Ruhrgebietsstädte nur geringe Wachstumsraten bei den SvB-Zahlen aufwiesen. Die Steigerungsraten in Bottrop, Gelsenkirchen, Bochum und Hagen blieben jeweils unter 5%.

Abb. 1: Sozialversicherungspflichtig Beschäftige in Westfalen: Anzahl (2015), Entwicklung (2011–2015) und je 1.000 Einwohner (2015) (Quelle: www.it.nrw.de, eigene Berechnungen)

Räumliche Verteilung

Betrachtet man die absoluten Beschäftigtenzahlen in den kreisfreien Städten und Kreisen (Abb. 1), so bilden Einwohnerzahl, Wirtschaftskraft und zentralörtliche Bedeutung naturgemäß die Basis für die Konzentration der SvB. Dortmund, die Kreise Gütersloh und Recklinghausen sowie Münster und der Märkische Kreis nehmen die ersten Plätze in der Rangfolge der Städte und Kreise mit den meisten Beschäftigten ein. Herne und der Kreis Höxter finden sich am unteren Ende dieser Liste.

Ein differenzierteres Bild ergibt sich, wenn man die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zur jeweiligen Einwohnerzahl in Relation setzt (Abb. 1). Je 1.000 Einwohner ragte Münster mit 515 SvB Ende 2015 markant aus der Reihe der kreisfreien Städte und Kreise Westfalens heraus, gefolgt vom Kreis Gütersloh (455 SvB je 1.000 Ew.) und Bielefeld (439). Bei den Singulärzentren bzw. solitären Verdichtungsräumen ist es die zentralörtliche Bedeutung, die sich hier niederschlägt, im Kreis Gütersloh die Wirtschaftskraft. Dass hingegen im wirtschaftlich so gesunden Kreis Coesfeld nur 299 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte je 1.000 Einwohner zu verzeichnen waren, hängt u.a. mit der Tatsache zusammen, dass viele Einwohner des Kreises nach Münster zur Arbeit pendeln. Diese Beschäftigten wohnen zwar im Kreis Coesfeld, werden aber dort nicht als solche gezählt, weil ihr Arbeitsort Münster ist. Dies betraf im Jahr 2015 z.B. 4.356 Personen aus Senden, jeweils mehr als 3.400 aus Nottuln und Dülmen, ca. 2.600 aus Havixbeck usw.

Der Kreis Recklinghausen wies 2015 eine Relation von nur 259 SvB je 1.000 Einwohner auf. Einer hohen Einwohnerzahl steht hier ein verhältnismäßig begrenztes Arbeitsplatzangebot gegenüber. Sämtliche Kommunen des Kreises – mit Ausnahme von Marl – hatten 2015 einen z.T. sehr deutlich negativen Pendlersaldo.

Relativ niedrige SvB-Zahlen je 1.000 Einwohner finden sich außerdem in den Ruhrgebietsstädten Bottrop, Gelsenkirchen und Herne, während z.B. Dortmund 2015 mit 380 SvB je 1.000 Einwohner dank seines Arbeitsplatzangebotes günstiger dastand.

Tab. 1: Die sechs Wirtschaftszweige mit den meisten Beschäftigten im Jahr 2015 (Quelle: www.it.nrw.de, eigene Berechnungen)

Wirtschaftszweige

Wie im Land Nordrhein-Westfalen insgesamt, so sind auch in Westfalen das produzierende Gewerbe, das Gesundheits- und Sozialwesen, der Handel, die öffentliche Verwaltung und bestimmte Dienstleistungsbereiche die Wirtschaftszweige mit den meisten Beschäftigten. Bei den Dienstleistungen sind vor allem einerseits die freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen zu nennen, andererseits ein Teil der wirtschaftlichen Dienstleistungen, die statistisch unter "Sonstige" zusammengefasst werden. Zu Ersteren gehören z.B. Beschäftigte in Architektur- und Ingenieurbüros, bei Rechts- und Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern, Werbeagenturen usw. Zu Letzteren zählen etwa Gebäude­reiniger und -betreuer, Beschäftigte in Reisebüros, in Wach- und Sicherheitsdiensten, im Garten- und Landschaftsbau etc.

Ende 2015 waren in Westfalen 25,5% aller Beschäftigten im produzierenden Gewerbe tätig, im Gesundheits- und Sozialwesen waren es 16,8% (Tab. 1). Die Industrie – als stärkster Wirtschaftszweig – ist also hierzulande weiterhin von größter Bedeutung, und zwar vor allem in Südwestfalen (s. Beitrag Krajewski) und im Kreis Gütersloh. Dort arbeiteten 2015 knapp 40% bis knapp 50% aller Beschäftigten in diesem Wirtschaftszweig, während es etwa in Münster nur 8,4% waren.

Das Münsterland weist relativ hohe SvB-Quoten im Handel auf, während die Wirtschaftszweige der Verwaltung und der Dienstleistungen ihre Schwerpunkte in den großen Städten und Zentren haben. Umgekehrt sind z.B. die für Wirtschaftsunternehmen arbeitenden oder auch die wissenschaftlichen oder technischen Dienstleister in den ländlichen Regionen wie etwa dem Kreis Höxter nur unterdurchschnittlich vertreten.

Besondere Personengruppen

In manchen Wirtschaftszweigen dominieren eindeutig die weiblichen Beschäftigten. Im Einzelhandel etwa sind in Nordrhein-Westfalen 69% der SvB Frauen, im Gesundheitswesen sind es sogar 80%. In NRW beträgt außerdem der Frauenanteil bei den Vollzeitbeschäftigten 33%, während hingegen von allen Teilzeitbeschäftigten 79% Frauen sind. Es verwundert nicht, dass in den "Hochburgen" der Dienstleistungen, der Verwaltung oder des Gesundheits- und Sozialwesens der Frauenanteil an der Gesamtzahl der SvB deutlich höher ist als im Durchschnitt. In Münster etwa liegt er bei knapp 50%. Im verarbeitenden Gewerbe dagegen sind landesweit nur knapp 23% der SvB Frauen. Daher ist der Frauenanteil bei den Beschäftigten auch in jenen Kreisen, die durch die Industrie entscheidend mitgeprägt werden, geringer als anderswo. In den Kreisen Gütersloh und Olpe etwa beträgt er rund 40%.

"Spitzenreiter" beim Anteil der Teilzeitbeschäftigten sind – mit jeweils etwas mehr als 30% – die Zentren des tertiären Sektors Münster, Bielefeld und Bochum. In der Industrie dominiert dagegen eindeutig die Vollzeitbeschäftigung. Nur etwa 8% der SvB sind im verarbeitenden Gewerbe landesweit als Teilzeitbeschäftigte tätig. Infolgedessen weisen die indus­triell geprägten Kreise Gütersloh, der Hochsauerland- und der Märkische Kreis unterdurchschnittliche Quoten bei den Teilzeitbeschäftigungen auf.

Auch der Anteil der ausländischen SvB steht in Zusammenhang mit der jeweiligen Bedeutung der Wirtschaftszweige. Spitzenreiter innerhalb Westfalens ist auch hier der Kreis Gütersloh. Von den mehr als 65.000 Beschäftigten des verarbeitenden Gewerbes sind dort 14,3% Ausländer. Insgesamt beträgt der Ausländeranteil an allen SvB zusammen im Kreis Gütersloh 11,1%. Auch in Bottrop, Hagen und dem Märkischen Kreis liegt der Ausländeranteil an der Gesamtzahl der SvB über 10%, im Kreis Höxter beispielsweise dagegen nur bei 3,4%.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2017