Westfälischer Spargel

01.01.2012 Peter Wittkampf

Inhalt

Die Spargelpflanze und ihre Wachstumsbedingungen

Die heute gebräuchliche Kulturpflanze "asparagus officinalis" wird schon seit der Antike genutzt, und zwar nicht nur als wohlschmeckende Gemüsepflanze, sondern – wegen ihrer harntreibenden Wirkung – bis ins Mittelalter vor allem auch als Heilpflanze.

Wild wachsende Spargelarten sind ursprünglich in mittelmeerischen Regionen und vor allem in Asien heimisch. Es gibt etwa 300 Arten der Gattung "Asparagus", von denen die meisten eher trockene Standorte bevorzugen, an die die Pflanze von Natur aus gut angepasst ist. Denn die "Laubblätter" der ausgetriebenen Spargelpflanze sind nadelartige Scheinblätter, deren Transpirationsverluste niedrig sind, und die eigentlichen Wurzeln können relativ viel Wasser speichern.

Abb. 1: Spargelverkauf an einem Stand auf dem Wochenmarkt (Foto: P. Wittkampf)

Bei den – zumeist weißen – Spargel"stangen" handelt es sich um Sprossen, die aus den winterharten Wurzelstöcken herauswachsen. Sie werden in Deutschland in der Regel gestochen, sobald ihre Köpfe die Spargeldämme oben zu durchbrechen beginnen. So bleiben sie weiß ("Bleichspargel"), andernfalls verfärben sie sich sehr schnell violett. Um möglichst lange, weiße Sprossen ernten zu können, werden über den Wurzelstöcken Erddämme aufgehäuft. Beim "Grünspargel" allerdings wachsen die Sprosse nicht im, sondern auf dem Boden.

Spargel bevorzugt leichte, sandige, aber dennoch humusreiche Böden, frei von Steinen, Unkraut, Staunässe und Verfestigungen wie z. B. Ortstein. Der Humusanteil sollte 4 bis 5% betragen, der pH-Wert bei 5,5 bis 6 liegen. Bei lehmigen oder tonigen Böden würde das Wachstum der Spargelsprossen behindert und die Stangen wüchsen krumm.

Der Grundwasserspiegel sollte zudem tiefer als 1,4 m liegen.

Neuanlagen werden etwa zwei Jahre lang vorbereitet. Dabei muss zunächst der Humusgehalt des Bodens – z. B. mit Hilfe von Stallmist – optimiert werden. Außerdem ist eine gezielte Düngung erforderlich, oft auch eine tiefgründige Bodenlockerung. Es folgen Vorfrucht- bzw. Gründüngungsphasen und weitere Bodenbearbeitungen. Die neuen Pflanzen werden in Pflanzgräben gesetzt, später werden die Dämme angelegt. Erst im dritten Jahr sind Jungpflanzen so weit, dass dann Felder normal abgeerntet werden können. Nach etwa 8 bis 10 Ertragsjahren ist eine Rodung der Anlage erforderlich. Die bisherige Spargelfläche wird dann mit anderen Kulturpflanzen bebaut.

Spargel braucht zum Wachsen eine Bodentemperatur von mindestens 12°C.

Abb. 2: Spargelfeld bei Füchtorf (Foto: P. Wittkampf)

Dass die Spargeldämme während der Wachstumsperiode durch schwarz-weiße Folien abgedeckt werden, ist fast schon die Regel. Die Vorteile solcher Folien sind u. a., dass sie sich günstig auf die Bodenwärme auswirken und damit einen jahreszeitlich früheren Erntebeginn ermöglichen sowie außerdem den Unkrautbewuchs reduzieren, sodass auch weniger Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden müssen. Liegt die schwarze Seite dieser Folien oben (Abb. 2), kann mehr Wärme aufgenommen werden, bei zu großer Sonneneinstrahlung wendet man die Folie, sodass dann mehr Strahlung reflektiert wird.

Manchmal werden zusätzlich "Minitunnel" gebaut, wobei Folien über gebogene Federstahlstäbe gelegt werden. Dadurch wird der Erntebeginn nochmals verfrüht und der Anteil an Handelsklasse-I-Ware erhöht.

In jedem Falle ist der Spargelanbau sehr arbeitsintensiv – trotz mancher Erleichterungen durch Spezialmaschinen, z. B. Dammfräsen, Folienlege- und Folienwickelgeräte, Schälmaschinen, Sortiermaschinen usw. Sowohl vor als auch nach der Erntesaison, die normalerweise von April bis zum 24. Juni, dem Johannistag, dauert, sind u. a. Maßnahmen zur Dammbereitung und Unkrautbekämpfung, zum Krauthäckseln etc. durchzuführen.

Das Spargelstechen erfordert mühsame Handarbeit, bei der vor allem der Rücken strapaziert wird. Seit Jahren verrichten in erster Linie Saisonkräfte aus Ost- und Südosteuropa diese Arbeit.

Abb. 3: Spargelanbauflächen in Westfalen 2011 (Quellen: Landwirtschaftskammer NRW, Gartenbauzentrum Münster-Wolbeck 5/2012)

Spargelerzeugung in Westfalen

Spargel ist reich an Mineralstoffen und Vitaminen, aber kalorienarm. 100 gr. Spargel enthalten lediglich 17 bis 20 Kalorien (kcal). Daher gehörte Spargel bei der hart arbeitenden Landbevölkerung bis vor einigen Jahrzehnten nicht zu den bevorzugten Anbauprodukten. Einerseits war man skeptisch gegenüber der "neuen" Pflanze, die man teilweise sogar mit den verhassten Quecken verglich. Vor allem aber brauchte man Nahrung, die "satt machte" und die einen hohen Nährwert besaß. Im Zweiten Weltkrieg stellte man daher selbst dort, wo man vorher bereits erste Erfahrungen mit dem Spargelanbau gemacht hatte, wie z. B. auf Gut Erpenbeck bei Lengerich, wieder auf den Anbau von Kartoffeln um. Heute haben sich die Ernährungsprinzipien – und damit auch die Bedingungen für den Spargelanbau – deutlich verändert.

In bestimmten "Anbauzentren" Deutschlands waren es oft zunächst Einzelpersönlichkeiten, die beim Spargelanbau "Pionierarbeit" leisteten. Hierzu gehörten etwa Gustav A. Unselt in Schwetzingen (ab 1900), Christian Schadt in Schrobenhausen (ab 1913) oder August Huchel in Osterburg/Altmark (ab 1927, später, ab 1953, in Walbeck am Niederrhein).

In Westfalen gehörte z. B. Willi Kreienbaum zu den ersten, die nach dem Zweiten Weltkrieg den Spargelanbau populärer machten. Er begann auf seinem Hof in Füchtorf (Kreis Warendorf) im Jahre 1947 mit dem systematischen Spargelanbau. Inzwischen hat sich Sassenberg-Füchtorf zu einer "Hochburg" des Spargels entwickelt. 15 Betriebe haben sich dort darauf spezialisiert. Sie tragen dazu bei, dass der Kreis Warendorf mit 725 ha Spargelanbaufläche als "Spitzenreiter" in dieser Hinsicht innerhalb von Westfalen-Lippe gelten kann (Abb. 3). Den zweiten Rang nimmt der Kreis Minden-Lübbecke ein. 80% der dortigen, insgesamt 580 ha umfassenden Spargelanbaufläche entfallen allein auf Rahden, die nördlichste Stadt Westfalens. Rahden liegt in der Dümmer-Geestniederung zwischen der Diepenauer Geest und dem Rand der Diepholzer Moorniederung.

Überall in den genannten Gebieten werden für Spargelkulturen bevorzugt diejenigen Standorte genutzt, in denen Sandböden dominieren. Diese Sandböden besitzen nicht nur eine relativ hohe Wärmekapazität und Wärmeleitfähigkeit, sondern lassen die Spargelstangen auch gerader wachsen und erleichtern es, sie zu stechen.

In bzw. bei Füchtorf werden inzwischen nicht mehr nur die saaleeiszeitlichen Sandaufschüttungen als Standorte für Spargelkulturen genutzt, sondern außer den Emssandflächen inzwischen auch Bereiche des ursprünglichen Füchtorfer Moores, eines zwischen den heutigen Ortsteilen Füchtorf und Sassenberg gelegenen, kultivierten Niedermoores. Die entsprechenden Böden sind ebenfalls für den Spargelanbau nutzbar (s. o.).

Insgesamt gab es im Jahre 2011 in Westfalen-Lippe 203 Betriebe mit der Spezialisierung auf Spargelanbau. Sie bewirtschafteten zusammen eine Fläche von rund 2.700 ha. Das entspricht ca. 11,5% der Spargelanbaufläche Deutschlands.

Seit 1990 gibt es die – etwa 170 Mitglieder umfassende – "Vereinigung der Spargelbauern Westfalen-Lippe", seit 2005 die "Spargelstraße NRW".

70% der Spargelernte Westfalens wird an besonderen Verkaufsständen, in Hofläden oder an Marktständen verkauft.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2012