Spieglein, Spieglein an der Wand... Westfalens Städte unter der Lupe

01.01.2010 Thomas Hauff

Kategorie: Siedlung

Schlagworte: Westfalen · Stadtmarketing · Städtewettbewerb

Inhalt

Wo stehen Westfalens Städte im Vergleich der bundesdeutschen Großstädte? Angesichts des verstärkten Standortwettbewerbs gewinnt diese Frage zu­nehmend an Bedeutung. Antworten hierauf versprechen Städterankings, die in den letzten Jahren vermehrt publiziert wurden. Während viele Städterankings aufgrund ihrer methodischen Unzulänglichkeiten trotz des publizistischen Erfolgs kaum seriöse inhaltliche Aussagen zulassen, liefert der "Großstadtvergleich" der IW Consult GmbH (Institut der deutschen Wirtschaft) im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) und der Zeitschrift "Wirtschaftswoche" durchaus eine tragfähige Grundlage für eine Einordnung der westfälischen Städte.

Tab. 1: Hauptbereiche mit Gewichtung und Indikatorenzahl im Überblick (Quelle: Eigene Zusammenstellung nach IW Consult GmbH 2009, S. 28 ff.)

Ziele und Methodik des ''Großstadtvergleichs'' der IW Consult GmbH

Der 2009 zum sechsten Mal durchgeführte Großstadtvergleich berücksichtigt die 50 einwohnerstärksten Städte Deutschlands und stellt auf der Basis von 96 Indikatoren ein umfassendes Städteranking dar. Im Mittelpunkt stehen die Fragen nach dem größten Wohlstand (gemessen an Einkommen und Beschäftigung) und nach der höchsten wirtschaftlichen Dynamik (vgl. im Folgenden IW Consult 2009). Hierzu wird einerseits in einem Niveauranking der aktuelle Stand (2008) verglichen, andererseits bewertet das Dynamikranking die Entwicklungen in der Periode 2003–2008.

Aufgrund methodischer Anpassungen 2009 (u. a. Reduktion der Hauptbereiche und Zahl der Indikatoren, Austausch von Indikatoren und veränderte Gewichtungen) sind Vergleiche zu den Vorjahren nur unter Vorbehalt möglich (vgl. IW Consult 2009, Hauff 2007). Gleichwohl stellt auch das aktuelle Ranking wieder einen systematischen Strukturvergleich dar, der eine Gegenüberstellung der Städte ermöglicht. Niveau- und Dynamikranking bestehen 2009 nun aus jeweils vier Hauptbereichen: Wohlstand, Ar­beitsmarkt, Wirtschafts- und Sozialstruktur, Standort. Diese Bereiche gehen mit unterschiedlichen Gewichtungen – und gestützt auf eine unterschiedliche Indikatorenzahl – in das Gesamtergebnis ein (Tab. 1).

Wo stehen die westfälischen Städte?

An der Spitze des Städterankings 2009 stehen bundesweit München, Münster und Hamburg. Das westfälische Oberzentrum Münster hat 2009 wiederum mit Rang 2 seine Rolle als Spitzenreiter in Nordrhein-Westfalen vor Düsseldorf (Platz 4) und Mülheim (Platz 11) ge­fes­tigt. Unter den westfälischen Großstädten folgen – hinter Müns­ter – Bielefeld (Platz 13), Hamm (Platz 26) und Hagen (Platz 28).

Insgesamt berücksichtigt das Ranking im Jahr 2009 wiederum 21 Städte aus Nordrhein-Westfalen. Wie Abb. 1 zeigt, rangieren dabei die westfälischen Städte mit Ausnahme von Münster und Bielefeld in der zweiten Hälfte der TOP 50. Demgegenüber sind mit Düsseldorf, Mülheim, Bonn, Solingen und Köln fünf Städte aus dem Rheinland und dem nicht westfälischen Ruhrgebiet unter den TOP 25 zu finden.

Abb. 1: Platzierung im Städteranking 2004-2009 (Entwurf: Th. Hauff, Quelle: Losse 2004-2009)

Wie haben sich die Platzierungen der westfälischen Städte zwischen 2004 und 2009 entwickelt?

Eine besondere Qualität des Großstadtvergleichs besteht darin, dass das Ranking für die Jahre 2004–2008 mit gleicher Gewichtung der Hauptbereiche und einem nur leicht veränderten Indikatorensatz publiziert wurde (vgl. Hauff 2007). 2009 erfolgte erstmals eine umfangreiche methodische Überarbeitung, was bei einem Vergleich zu den Vorjahren zu berücksichtigen ist (Abb. 1).

Eine nähere Betrachtung der Ergebnisse für die Jahre 2004 und 2009 macht deutlich, dass Münster in allen sechs Rankings jeweils die bestplatzierte Stadt Westfalens war. Dabei erreichte Münster im Ranking 2009 wie bereits 2008 Platz 2 – nach Platz 4 (2007) und Platz 8 (2004, 2006) sowie Platz 15 (2005). Zu den Gewinnern des Rankings 2009 gehört Bielefeld, das sich von Plätzen um 35 in den Jahren 2005–2008 auf Platz 13 im Jahr 2009 verbesserte. Auch Hamm mit einem Plus von 15 Plätzen und Hagen mit einem Plus von 10 Plätzen zählen zu den Aufsteigern 2009. Verlierer des Rankings 2009 ist Dortmund, das seine langjährige Position als zweitplatzierte Stadt Westfalens verlor, 16 Plätze einbüßte und nunmehr auf Platz 42 rangiert.

''Leben von der Substanz'' oder ''stärkere Entwicklungsdynamik''?

In das Gesamtranking gehen die Ergebnisse des Niveau- und des Dynamikrankings ein. Die Platzierungen für Niveau und Entwicklungsdynamik können deutlich differieren. Eher von der "Substanz" lebt Bochum (Niveau-R. Platz 28, Dynamik-R. Platz 43). Demgegenüber zeigen mit Ausnahme von Herne alle anderen Städte ein zum Teil deutlich besseres Dynamikranking im Vergleich zur Niveauplatzierung: Hamm (Niveau-R. Platz 34, Dynamik-R. Platz 11), Gelsenkirchen (Niveau-R. Platz 38, Dynamik-R. Platz 24), Bielefeld (Niveau-R. Platz 21, Dynamik-R. Platz 8).

Das ausgezeichnete Rankingergebnis von Müns­ter als westfälischer Spitzenreiter wird durch eine sehr gute Niveau-Platzierung (Platz 4) und durch eine ebenfalls sehr gute Dynamikplatzierung (Platz 3) getragen. Im Vergleich zu 2008 haben sich beide Platzierungen sogar noch leicht verbessert: Niveau: + 3 Ränge, Dynamik: + 1 Rang.

Ausgewählte Stärken und Schwächen

Die Gesamtplatzierungen gehen we­sentlich auf das jeweilige Abschneiden der Städte in den Bereichen "Wohlstand" und "Arbeitsmarkt" zurück. Gleichwohl belegt die Analyse der Einzelindikatoren, dass auch die westfälischen Städte in einigen Bereichen Spitzenplätze erreicht haben, ebenso aber auch stadtspezifische Schwächen aufweisen. Dies soll in den untenstehenden Tabellen exemplarisch aufgezeigt werden.

Ranking-Übersicht mit Stärken und Schwächen (Entwurf: Th. Hauff, Quelle: www.insm-wiwo-staedteranking.de)

Umgang mit den Ergebnissen des Großstadtvergleichs

Das Ranking ermöglicht und erfordert auf der Basis des interkommunalen Vergleichs eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Ergebnissen unter Würdigung der Aussagekraft der einzelnen Indikatoren. Angesichts des verschärften Städtewettbewerbs müssen sich nicht nur die westfälischen Städte der Frage stellen, mit welchen spezifischen Strategien sie ihre Stärken ausbauen und ihre Schwächen abbauen können.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2007, Aktualisierung 2010