Einsatz internetbasierter Standortinformationssysteme beim Kreis Recklinghausen

01.01.2007 Peter Haumann

weitere Autorin: Anja Sigesmund

Inhalt

Informationsbündelung durch Standortinformationssysteme

Die zielorientierte Sammlung und bedarfsgerechte Vermittlung von Standortinformationen im Internet spielt in der Wirtschafts- und Strukturpolitik eine zunehmend wichtige Rolle. Dabei sind Informationen, Wissen und Kompetenzen unter den verschiedenen Akteuren verstreut. Eine Aufgabe der Wirtschaftsförderung ist es, diese zu bündeln. Ziel einer solchen Bündelung ist dabei die:

• Stärkung der Zusammenarbeit durch höhere Transparenz,
• Verbesserung und Beschleunigung von Arbeitsabläufen,
• bessere Vermittlung der Potenziale und Stärken der Region.

Ausgehend von dem Ziel einer engeren Zusammenarbeit u. a. in der Entwicklung und Vermarktung von Gewerbeimmobilien in der Emscher-Lippe-Region werden seit dem Jahre 1999 beim Kreis Recklinghausen Geographische Informationssysteme (GIS) im Internet zur Standortinformation bereitgestellt.

Voraussetzungen zum erfolgreichen Einsatz

Bereits zu Anfang des ersten Projektes "Gewerbeflächeninformationssystem für die Emscher-Lippe-Region" wurden zwei Bedingungen für den Erfolg deutlich:

• Die beteiligten Städte und Personen sind nur dann bereit, Informationen in ein System einzugeben, wenn diese Erfassung möglichst in bestehende Arbeitsabläufe integriert wird oder diese im Idealfall sogar verbessert.
• Es muss für die Beteiligten ein Mehrwert entstehen. Dieser Mehrwert kann z. B. darin bestehen, dass man im Austausch eine Vielzahl von Informationen von anderen Beteiligten erhält.

Geografische Informationssysteme (GIS) sind ein geeignetes Mittel, um diese beiden Bedingungen zu erfüllen, da rund 80% aller Informationen einen räumlichen Bezug haben. Damit kann über die räumliche Zuordnung eine Vielzahl von Informationen zusammen-gebracht und "verdichtet" werden.

Probleme beim Einsatz von Geographischen Informationssystemen (GIS)

Es zeigte sich, wo die Probleme beim Einsatz von GIS liegen:

• GIS sind häufig fachspezifisch organisiert. Dies bedingt den Einsatz unterschiedlicher Systeme, aus denen diverse Nutzungsphilosophien entstehen können.
• Häufig waren die Systeme nicht miteinander kompatibel.
• Schnittstellen, Organisation und Arbeitsabläufe müssen definiert und abgestimmt werden.
• Für viele Fachbereiche außerhalb Vermessung, Kataster, Umwelt und Planung ist GIS zu spezialisiert, zu aufwändig und unverständlich. Im Vordergrund stehen dort die schnelle Erfassung und Auswertung von Informationen - weniger die Lagetreue, Datenpflege o. a. m.
• Einarbeitung und technischer Aufwand für ein GIS diesbezüglich sind oft zu hoch.

Auch hier hat die Entwicklung von Standortinformationssystemen im Internet dazu beigetragen, unbefangener und bedienungsfreundlicher mit diesem Instrumentarium umzugehen.

Einsatz von Standortinformationssystemen beim Kreis Recklinghausen

► Gewerbeflächeninformationssystem
Bei den dreizehn beteiligten Stellen (ein Kreis, zwölf Städte - davon zwei kreisfrei) wurde mit dem ersten Projekt "GISELA" (Gewerbeflächeninformationssystem für den Emscher-Lippe-Raum) im Jahre 1999 die Basis für regionale Standortinformationssysteme begründet durch:

• Etablierung eines Informationsnetzwerkes,
• Schaffung von technischen Voraussetzungen und Infrastruktur.

Mit der geschaffenen Infrastruktur und dem erworbenen Know-how waren weitere Entwicklungen möglich.

► Planungs- und Bauportal www.regioplaner.de
Im Rahmen der "Mittelstandsfreundlichen Verwaltung" wurde 2002 mit Mitteln des Landes und der EU auf Grundlage der bestehenden Erfahrungen und Kooperationsstrukturen ein regionales Planungs- und Bauportal entwickelt.

Mit www.regioplaner.de wird eine breite Informationsplattform mit Gewerbeangeboten, Wirtschaftsdaten, umfangreichem Kartenmaterial bis hin zu sozioökonomischen Faktoren und Informationen zur Freizeitgestaltung rund um die Uhr im Internet zur Verfügung gestellt.

Gegliedert in die drei Schwerpunkte Wirtschaft + Verkehr, Leben + Erholung und Planung + Raumstruktur können sich nicht nur Stadtplaner und Architekten, sondern auch Unternehmer, Wirtschaftsförderer, Makler und natürlich auch interessierte Bürger mit allen planungsrelevanten Informationen aus dem Emscher-Lippe-Raum versorgen. Ob Landesentwicklungsplan, Flächennutzungsplan, Stadtgrenzen, Luftbild oder Stadtplan, alle Karten können mit verschiedensten Informationen wie zum Beispiel der Einwohnerdichte oder der Altersstruktur und mit Informationen über Freizeitmöglichkeiten, die Lage von Schulen, Autobahnen oder Häfen am eigenen Rechner kombiniert und natürlich auch ausgedruckt werden.

Damit bietet der "regioplaner" die optimale Informations- und Planungsbasis an. Als weiterer Service sind die Formulare als Sammlung und die Ansprechpartner in den Städten des Emscher-Lippe-Raumes hinterlegt. So stellt der "regioplaner" eine ständig aktualisierte Schnittstelle der Städte Bottrop, Castrop-Rauxel, Datteln, Dorsten, Gelsenkirchen, Gladbeck, Haltern am See, Herten, Marl, Oer-Erkenschwick, Recklinghausen und Waltrop dar.

www.regiofreizeit.de – das Kartenportal rund um das Thema Freizeit
Das dritte Standortinformationssystem zum Thema Freizeit wurde im Rahmen des regionalen Kompetenzfeldes Freizeit in enger Kooperation mit der Stadt Bottrop und als Projekt der Geodateninitative NRW (GDI) entwickelt.

Hierbei wurde zum ersten Mal lizenzkostenfreie Software (Open source) eingesetzt.

Der Kreis stellt damit eine "regio"-Plattform zur Verfügung, mit deren Hilfe der oben genannte Anspruch für die Region immer besser erfüllt werden kann (s. Beitrag Sigesmund).

www.chemieatlas.de
Nächster Meilenstein war die Entwicklung eines Kompetenzfeldatlas "Chemie" für das gesamte Ruhrgebiet. Es ist ein von Umfang, Komplexität und Anspruch äußerst ambitioniertes Vorhaben, das wiederum von Mitteln des Landes und der EU unterstützt wurde.

Die Federführung der Emscher-Lippe-Region für das Thema Chemie im Ruhrgebiet ist anerkannt. Grundlage ist die ChemSite-Initiative, die in der Emscher-Lippe-Region entstanden ist und dort ihren Sitz hat. ChemSite ist ein 1997 gegründetes innovatives Bündnis von renommierten, weltweit agierenden Partnern aus Wirtschaft und Industrie, der Politik (insbesondere die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen) und den Kommunen vor Ort zwecks Vermarktung von Industrieflächen an gewachsenen, voll integrierten Chemiestandorten des Ruhrgebiets. Die gemeinsame Vision der Bündnispartner ist es, die Chemie im Wirtschaftsraum Ruhrgebiet als Leitbranche in Nordrhein-Westfalen weiter auszubauen. ChemSite will die Emscher-Lippe-Region als einen der führenden Chemiestandorte in Europa weiter festigen.

Bereits im "regioplaner" waren Unternehmen aus Chemie und Energie dargestellt. Die Idee, einen ruhrgebietsweiten Kompetenzfeldatlas im Rahmen der "regio"-Plattform aufzubauen, entstand im Rahmen der ChemSite-Initiative.

Nach etwa 15 Monaten Entwicklung ist seit Anfang September 2006 unter www.regiochemie.de der Atlas im Internet eingestellt. Die Realisierung eines solch ehrgeizigen Projektes konnte nur dank der Fachkenntnisse im Rahmen von ChemSite, der Kenntnisse von Aufbau und Strukturierung/Projektgestaltung des Kreises und der WiN Emscher-Lippe GmbH sowie vor allem durch die enge Zusammenarbeit der Kreise und kreisfreien Städte und der Unternehmen im Ruhrgebiet gelingen.

Unter www.regiochemie.de sind nun alle Informationen wie Ansiedlung, Unternehmenssuche, Recherche zum Standort, Ansprechpartner etc. gebündelt und abrufbar, die für einen Chemiestandort von Bedeutung sind. Allein rund 200 Unternehmensprofile wurden erhoben, die nun nach Stichworten ausgesucht und hinsichtlich ihrer Standorte auf der Karte angewählt werden können.

Der Einstieg in den Atlas ist gegliedert in:

• "Chemie in der Region" (Standorte Chemieindustrie, Unternehmen sowie Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen).
• "Ansiedlungspotenzial" mit den ChemSite-Flächen, Gründer- und Technologiezentren.
• "Infrastruktur" mit Ver- und Entsorgungseinrichtungen (z. B. Pipelines, Kraftwerke oder Kläranlagen, Verkehr (z. B. Straßen, Kanäle, Güterhäfen, Bahnhöfe etc.), Bildung (Schulen, Hochschulen etc.) und Leben/Erholung mit weichen Standortfaktoren wie Golfplätzen und Fußballstadien in der Region.
• "Information und Service" mit weiteren Links und Ansprechpartnern.

Zielgruppe des Kompetenzatlas sind Unternehmen der Region, Wirtschaftsförderer und Standortentwickler. Der Atlas wird in Investorengesprächen eingesetzt, kann aber z. B. auch für weitergehende Recherchen in der Forschung bis hin zur Anwendung im Schulunterricht genutzt werden.


Mit der "regio"-Plattform sind internetbasierte Standortinformationssysteme eine feste Größe in der Wirtschafts- und Strukturpolitik des Kreises Recklinghausen und der Emscher-Lippe-Region. Der Erfolg: rd. 400.000 Zugriffe im Monat (ohne Regiochemie - hier stehen die Erfahrungswerte noch aus). Die Produkte der "regio"-Palette werden ständig weiterentwickelt, und zusätzliche Projekte folgen.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2007