Freigegeben wurde der "WaldSkulpturenWeg Wittgenstein-Sauerland" am 02. Oktober 2010 mit der Einweihung der letzten der elf künstlerischen Arbeiten, einer lichtkinetischen Skulptur mit dem Titel "Blinker II" von Timm Ulrichs (Hannover), in Schmallenberg-Almert (Abb. 1).
Begegnung mit Wald und Kunst: Der "WaldSkulpturenWeg Wittgenstein-Sauerland"
Am Anfang im Jahr 1996 stand die Idee, Holzbildhauerei in der Nähe von Bad Berleburg im Rothaargebirge, eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete Deutschlands, zu präsentieren. Waren doch die Holzgewinnung und -verarbeitung auf der Basis einer stark verwurzelten und erfahrenen Forstwirtschaft Jahrhunderte lang eine der Haupteinnahmequellen der Bevölkerung in diesem gebirgigen Landstrich. Zugleich markiert(e) dieser Höhenzug im östlichen Teil des Rheinischen Schiefergebirges in vielfältiger Weise die Grenzregion zwischen dem katholischen Kurkölnischen Sauerland und dem calvinistischen (evangelischen) Wittgensteiner Land.
Im Lauf der konzeptionellen Vorbereitungen – maßgeblich getragen durch eine interregionale "Holzskulpturen-Weg-Gruppe Bad Berleburg-Schmallenberg", die sich aus insgesamt 17 Institutionen zusammensetzt – wurden Fördermöglichkeiten aus Mitteln der Regionalen Kulturpolitik des Landes NRW beantragt. Durch deren Bewilligung veränderte sich das Projekt in Richtung eines "WaldSkulpturenWeges". Dieser sollte offen sein für eine künstlerische Gestaltung über die Holzskulpturen hinaus und mit Arbeiten von international renommierten Künstlern ausgestattet werden.
Der ehemalige Direktor des Skulpturen-Museums "Glaskasten" in Marl, Uwe Rüth, formulierte als künstlerischer Projektbegleiter die folgenden drei Prämissen, die konzeptionell diesen neuartigen Wanderweg prägen sollten:
- Das Geheimnisvolle und die Eigenart der Natur müssen nicht nur gewahrt bleiben, sondern sollen auch betont werden.
- Die Geschichte der Kulturlandschaft und der Menschen muss sich widerspiegeln.
- Der suchende Wanderer soll Muße, Rastplatz und Gedankenvielfalt finden (Rüth 2011, S. 138).
Am 26. Juni 2000 wurde der Weg mit der mehrgliedrigen Stahl-Skulptur des aus Winterberg-Siedlinghausen stammenden Künstlers Ansgar Nierhoff "Kein leichtes Spiel" eröffnet und eingeweiht (Abb. 2). Die Stahl-Skulptur besteht aus einem großen Tor im Zentrum, das von zwei kleineren Toren sowie zwei Blöcken umgeben ist und einen scharfen Kontrast zur umgebenden Natur auf einem alten Grenzweg bildet. Es ist nicht verwunderlich, dass das große Tor auch für das Logo des WaldSkulpturenWeges gewählt wurde.
23 km führt dieser außergewöhnliche Wanderweg durch das waldreichste Gebiet Westfalens und verbindet die beiden Städte Bad Berleburg und Schmallenberg. Der Weg berührt dabei insgesamt neun sehr unterschiedlich gestaltete Skulpturen. Eingerahmt werden diese "Kunststationen" von einer sog. sozialen Skulptur mit dem Titel "Der Wettbewerb" des Künstlers Jochen Gerz (Abb. 3). "Der Wettbewerb" bildet in doppelter Hinsicht zugleich den Ausgangs- und Endpunkt des Wald-SkulpturenWeges. Gerz schlug den Einwohnern der beiden Städte im Jahr 2002 vor, einen "Brief über den trennenden Rothaarkamm hinweg zur anderen Stadt zu senden." Er wollte damit eine Brücke schlagen auf der Grundlage von Trennendem und Gemeinsamkeit sowie Identitäten, Traditionen und Vorurteile aufzeigen und offen legen. Diese Kunst, verstanden als prozessorientierte Autorenarbeit, war eine Provokation und rief Spannungen sowohl im politischen Raum als auch in der Bevölkerung hervor. Aber die soziale Skulptur wurde schließlich als integraler Bestandteil des Gesamtkunstwerks "WaldSkulpturenWeg" mehrheitlich und auch mit Stolz akzeptiert. Heute zeigen jeweils 69 Tafeln im öffentlichen Raum der beiden Städte Auszüge aus den Briefen der "Anderen", dass man es gemeinsam schaffte, etwas Neues, Herausragendes und Anziehendes zu gestalten. Die Tafeln stehen dabei nicht nur in den beiden Kernstädten, sondern auch in zahlreichen der insgesamt über 100 Ortsteile.
Insgesamt zehn Künstlerinnen und Künster, viele davon mit direktem Westfalen-Bezug, zeichnen für die künstlerischen Marken dieses einzigartigen Wanderweges verantwortlich – und das in einem Gebiet, dem oft Provinzielles zugeschrieben wird. Dabei scheint vergessen, dass sich die Region – bedingt durch wirtschaftliche Notwendigkeiten – gleichwohl durch eine soziale, kulturelle und räumliche Mobilität auszeichnet. Der ehemals hier beheimatete Hausiererhandel war auch ein Aspekt von Weltoffenheit und förderte zudem die Bemühungen für den Tourismus.
Insofern mag für viele Besucher der WaldSkulpturenWeg etwas Überraschendes sein. Zudem steht er für eine gewachsene handwerkliche Tradition. Es war eben "kein leichtes Spiel", die Anforderungen bei der Installation der tonnenschweren Kunstwerke im gebirgigen Gelände mit Ausdauer und Verständnis für die künstlerischen Ideen zu bewältigen. In diesem Sinne spiegelt das Gesamtensemble auch die Kreativität der Bevölkerung im Grenzraum Wittgenstein-Sauerland wider, die sich im Übrigen auch in vielfältiger Weise im industriellen Bereich zahlreicher Unternehmen erfolgreich behauptet (u.a. Berleburger Schaumstoffwerk, Sinto Maschinenfabrik aus Bad Laasphe und FALKE aus Schmallenberg, s. Beitrag Rohleder).
Touristisch bietet der WaldSkulpturenWeg, der etwa auf halber Strecke den Rothaarsteig kreuzt, eine wesentliche Akzentuierung des Wanderns durch das Rothaargebirge mit seinen Höhen und Tälern. Die kulturellen Elemente sind dabei nicht als Gegensatz zur umgebenden Natur zu bewerten. Unter Verwendung der Materialien Holz, Stein und Metall sowie ergänzt durch die Dimensionen Licht und Klang setzt der Wald-SkulpturenWeg bewusste Zeichen eines lebendigen Miteinanders von Kunst und Natur. Der Wanderer auf seinem Weg wird so selbst zu einem aktiven Teil dieser Begegnung.
Weiterführende Literatur/Quellen
• | Arbeitsgemeinschaft Waldskulpturenweg (Hg.) (2011): Der Waldskulpturenweg Wittgenstein-Sauerland. Köln | |
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Bad Berleburg Markt und Tourismus e.V. und Kur und Freizeit GmbH Schmallenberger Sauerland (Hg.) (o. J.): WaldSkulpturenWeg. (Flyer) |
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• | Gerstein, M. (1906): Die deutsche Sensenindustrie und der Sensenhandel der Sauerländer Hausierer. Hagen | |
• | Landkreis Brilon (Hg.) (1969): Das Hochsauerland. Gestern – heute – morgen. 150 Jahre Landkreis Brilon. Brilon | |
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manager magazin online vom 02.07.2012: "Lichtspiele am Wegesrand" (www.manager-magazin.de) |
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Rüth, U. (2011): Künstlerische Konzeption eines WaldSkulpturenWegs Wittgenstein-Sauerland. |
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• | Schieferberg-Heimatmuseum Schmallenberg-Holthausen (Hg.) (1984): Hexen – Gerichtsbarkeit im kurkölnischen Sauerland. Schmallenberg | |
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Wurm, D. (2010): Zeitgenössische Kunst in unserer Natur- und Kulturlandschaft. |
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• | www.lwl.org/LWL/Kultur/Westfalen_Regional/Wirtschaft/Falke | |
• | www.schmallenberger-sauerland.de | |
• | www.waldskulpturenweg.de |
Fotogalerie
(Quelle: Gästeinformation Schmallenberger Sauerland)
Erstveröffentlichung 2014